von Michael Lünstroth・Redaktionsleiter, 11.06.2018
Dramen, die die Welt nicht braucht
Glück, Pech und ein Klavier, das nicht mehr durch die Tür passt: Die Dinge der Woche begeben sich heute in die Tiefe des Details
Manchmal hat man Glück, manchmal Pech. Glück ist zum Beispiel ein gutes Gespräch, in dessen Verlauf man merkt, dass die eigenen Knoten im Kopf plötzlich lockerer werden und beginnen sich allmählich aufzulösen. Wenn nun Dinge zusammenpassen, die vorher nicht passten, wenn sich Sachen ineinander fügen ohne dass mein weiss, wie das jetzt so einfach funktioniert hat.
Pech muss man sich als das ziemliche Gegenteil davon vorstellen. Pech ist zum Beispiel, wenn Dinge nicht mehr ineinander passen, die mal ineinander passten. Dieses Gefühl kennen jetzt auch die Macher des Kreuzlinger Kulturzentrums Kult-X. Seit einigen Monaten bemüht sich eine Gruppe ehrenamtlicher Menschen der Stadt ein bisschen mehr Kultur zu bieten. Und manchmal scheitert man dann an den Kleinigkeiten. So wie neulich mit der Tür und dem Klavier.
Alles schien gut. Dann kam der Brandschutz
Eigentlich war die Mannschaft um Simon Hungerbühler sehr froh, als sie dieses gebrauchte Klavier geschenkt bekommen hatte. Aus eigenen Mitteln hätte sich das Kult-X das niemals leisten können. Wie auch, wenn man mit 20.000 Franken ein attraktives Jahresprogramm gestalten soll? Aber das ist jetzt wieder ein anderes Thema. Zurück zum Klavier. Alles schien gut, das Instrument passte gerade so rein und raus aus dem Theaterraum des Kulturzentrums. Bis, ja bis jemand bemerkte, dass das mit dem Brandschutz jetzt noch nicht so bedacht wurde. Kurzerhand wurden die Türen so umgestaltet und unglücklicherweise ausgerechnet so verbreitert, dass das sperrige Musikinstrument nun nicht mehr in den Saal passte. So sehr man auch schob, quetschte und versuchte - es waren ein paar entscheidende Zentimeter zu viel. Das war jetzt blöd. Weil, was willst du mit einem Klavier, das du nur im Gang bespielen kannst, aber nicht auf der Bühne?
Manchmal kann aus Pech dann aber auch wieder Glück werden. Wenn man viele fleissige Hände hat, die so einen Flügel ab- und wieder aufbauen können. Die das, was nicht mehr passte, wieder passend machten. Wenn auch in Einzelteilen. Das grosse Glück kommt dann, wenn alles wieder aufgebaut ist und der Klang tönt wie zuvor. Dann muss man nur noch überlegen, wie das denn in Zukunft gehen soll mit dem Klavier und der Tür. Denn das mit dem Ab- und Wiederaufbau kann ja auch kein Dauerzustand sein. Wenn man noch ein bisschen mehr Glück hat, dann gibt es irgendwann, irgendwo da draussen jemanden, der die Türen wieder so breit macht, dass auch ein Klavier hindurch passt. Und auch dem Brandschutz genüge getan wird. Wir jedenfalls drücken die Daumen dafür, dass dies bald passiert.
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