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von Brigitta Hochuli, 01.07.2016

Genug oder nicht genug?

Genug oder nicht genug?
Ein Mann auf der Suche nach einer Zukunftslösung fürs Kunstmuseum Thurgau? Jedenfalls steht er vor dem "Paradies" von Muda Mathis und Sus Zwick. | © Kunstmuseum Thurgau

Ist über die Erweiterung des Kunstmuseums Thurgau nun genug debattiert worden oder nicht? Nach der letzten Sitzung des Grossen Rates hat man nicht unbedingt den Eindruck. Wir haben deshalb nachgefragt.

Umfrage: Brigitta Hochuli

Am Mitttwoch, 29. Juni, stand im Grossen Rat des Kantons Thurgau die Beantwortung der Interpellation von Peter Dransfeld, Kurt Egger, Alex Frei, Hans-Peter Grunder, Hermann Lei, Urs Martin und Klemenz Somm vom 6. Mai 2015 „Neues Kunstmuseum: Wie weiter?“ zur Diskussion. Gemäss „Thurgauer Zeitung“ vom 30. Juni gab es „Nebengeräusche“. Der Grünen-Kantonsrat Kurt Egger erachte eine Untersuchung als nötig. In einem Kommentar wird eine öffentliche Standorterörterung gefordert. Gegenüber thurgaukultur.ch äussert sich Egger wie folgt:

Kurt Egger, Sie haben im Grossen Rat vorgeschlagen, dass die Geschäftsprüfungs- und Finanzkommission (GFK) eine Sonderprüfung der Vorgänge rund um die Finanzierung eines Erweiterungsbaus für das Kunstmuseum vornehmen solle - ähnlich wie andernorts eine PUK eingesetzt werde. Warum war das nicht schon viel früher ein Thema?

Erst die aktuelle Antwort des Regierungsrats auf die Interpellation vom Mai 2015 hat aufgezeigt, dass dieser aus dem Lotteriefonds 580‘000 Franken an die Stiftung bezahlen will.

Hat Ihr Vorschlag nun konkrete Folgen?

Wir, die Interpellanten, prüfen einen Antrag in der GFK.

Viel Kritik ist wieder geübt worden am Regierungsrat. Nimmt sich der Grosse Rat selber da eigentlich aus? Schliesslich hat er so lange Hand geboten, bis aus dem Vorhaben ein Bundesgerichtsfall wurde.

Es geht jetzt um die 870‘000 Franken Planungs- und Projektierungsaufträge, welche ohne rechtliche Grundlage ausgegeben worden sind. Der Grosse Rat hat nie dazu Stellung genommen.

In einem Kommentar fordert die "Thurgauer Zeitung", die Standortfrage müsse jetzt „nochmals“ öffentlich auf den Tisch. Ist das auch Ihre Meinung?

Nein, ich bin der Meinung, dass der Standort Ittingen gut abgeklärt und richtig ist.

*****

Mit weiteren, individuell abgestimmten Fragen haben wir SP-Kantonsrätin Inge Abegglen und FDP-Kantonsrätin Cornelia Zecchinel konfrontiert, die beide in der Kultur tätig sind. Abegglen ist Vorstandsmitglied der Kunsthalle Arbon, Zecchinel ist Mitglied der regierungsrätlichen Kulturkommission. Inge Abegglen hat sich im Grossen Rat im Namen der SP positiv für den vom Regierungsrat vorgeschlagenen Neuanfang in Sachen Kunstmuseum ausgesprochen.

Inge Abegglen: Abklärungen umfassend

„Ich finde, dass die Abklärungen zum Standort sehr umfassend und über unterschiedlichste Gruppierungen stattgefunden haben. Dabei kam man zum Schluss, dass der Standort in der Kartause Ittingen sehr gut gewählt ist. In der damaligen Abstimmung - die dann zwar wieder rückgängig gemacht wurde, hat sich auch der Grosse Rat mehrheitlich für den Standort Ittingen entschieden. Einzelne Stimmen, vor allem aus der Region Kreuzlingen hatten sich damals dagegen ausgesprochen. Meine Meinung zum Standort und zum Kunstmuseum habe ich in meinem Votum im Grossen Rat kund getan. (Siehe Anhang!)

 

Die Standortfrage stand aber im Grossen Rat gar nicht gross zur Debatte. Einige jedoch meinten, eine sanfte Renovation am Bisherigen würde auch genügen - also eher den Erweiterungsbau ablehnend. Ganz persönlich bin ich der Meinung, dass der Thurgau eher kein Museum hat, denn einen neuen Standort.“

 

Cornelia Zecchinel: nötige Lehren gezogen

„Es braucht keine PUK. Die Fehler und die Schwächen sind erkannt, und es wurden die nötigen Lehren gezogen.

 

Die Kartause ist der beste Standort für das Kunstmuseum des Kantons Thurgau.

- Es gibt viele Kunstmuseen in urbanen Räumen, aber es gibt keinen vergleichbaren Standort, wie ihn die Kartause Ittingen bietet. Das ist einzigartig. Diesen Vorteil soll man nicht aufs Spiel setzen. Besucher kommen auch wegen der Kunst in dieser speziellen Atmosphäre, die nur die Kartause bieten kann.
- Der Schwerpunkt der Kantonalen Sammlung mit Adolf Dietrich und Hans Krüsi im Zentrum sowie die Ausrichtung der Ausstellungen liegt bei der Aussenseiter-Kunst. Es gibt in der Schweiz nur drei Museen, die sich dieser Kunstrichtung widmen. Dieser Bereich ist nicht zuletzt wegen dem einmaligen Ort, der Kartause Ittingen, gewachsen.
- Die Kartause Ittingen regt Künstlerinnen und Künstler in ihrem Schaffen an. Sie schöpfen ihre Kreativität aus dem Ort heraus und nehmen Bezug darauf. Hier wird Einmaliges und Neues geschaffen.“

 

Hans Jörg Höhener, Präsident der Kulturkommission, hatte im Namen dieses beratenden Gremiums der Regierung Vorschläge zum Vorgehen in Sachen Erweiterung des Kunstmuseums Thurgau unterbreitet. Wir fragten ihn, ob er zufrieden sei mit den Schlüssen, die aus der Vergangenheit gezogen worden seien und mit dem Weg, der für einen Neubeginn begangen werde.

Hans Jörg Höhener: alles berücksichtigt

„Der Regierungsrat hat alle Vorschläge und Hinweise der Kulturkommission berücksichtigt. Auf eine erneute Standortdiskussion soll gemäss der Haltung der Kulturkommission verzichtet werden.“

 

PS: Unsere Fragen, wer bei künftigen öffentlichen Diskussionen rund um das Kunstmuseum von der Kulturseite her den Anstoss für eine Debatte geben könnte und warum sich eigentlich bisher kaum jemand dieser Szene aus der Reserve habe locken lassen, blieben unbeantwortet.

*****

„Wo liegt die Zukunft? - Was meint Ihr, soll die Standortfrage erneut aufs Tabet?“ - thurgaukultur.ch hat auch auf Facebook nachgefragt. Geantwortet hat der Pfyner Künstler und Dozent Alex Meszmer.

Alex Meszmer: Frage müssig

„Nein, auf keinen Fall. Die Standortfrage ist müssig.“

 

*****

Zu guter Letzt: Da wir fast nichts auslassen, haben wir die Standortfrage auch auf Twitter gestellt, wo kurze Statements à 140 Zeichen gefragt sind. Das Resultat sehen Sie auf dem unten stehenden Bild.

 

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