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Hoffnung auf ein gutes Ende

Hoffnung auf ein gutes Ende
Auf zu neuen Ufern: Ursula Steinhauser wechselt vom Seemuseum Kreuzlingen ins Kulturamt Appenzell Ausserrhoden. | © Michael Lünstroth

Seit gut einem Jahr ist Ursula Steinhauser neue Leiterin des Seemuseums in Kreuzlingen. Mit frischen Ideen hat sie das Haus wieder auf Kurs gebracht hat. Jetzt hofft die Museumschefin auf ein positives Signal von den Bürgern. Am Sonntag sind die Kreuzlinger aufgerufen, über ein neues Budget für ihre Museen abzustimmen.

Von Michael Lünstroth 

Nervös? Nein, das nicht unbedingt, sagt Ursula Steinhauser, seit einem Jahr Leiterin des Kreuzlinger Seemuseums. Aber ein bisschen angespannt sei sie schon vor diesem Sonntag, gibt die 31-Jährige zu. Kein Wunder: Für sie und auch die anderen Museen der Stadt könnte der 27. November 2016 in die Geschichtsbücher eingehen. Die Kreuzlinger Bürger sind an diesem Sonntag dazu aufgerufen, über ein höheres städtisches Budget für die Häuser abzustimmen. 380 000 Franken will die Stadt dafür künftig jährlich aufwenden. Beim Seemuseum soll der Etat um 65 000 Franken auf dann 125 000 Franken steigen. 

Im Windschatten des umstrittenen Grossprojektes Stadthaus - für 47,5 Millionen Franken soll die Verwaltung eine neue Heimat erhalten - droht das Museumsprojekt ein bisschen unterzugehen. Dabei ist es für die betroffenen Häuser durchaus lebenswichtig. Ursula Steinhauser macht daraus auch keinen Hehl: "Wenn die Bürger zustimmen, dann freue ich mich natürlich, aber es ist dann auch nicht so, dass wir im Geld schwimmen. Sollte es allerdings abgelehnt werden, müssen wir uns ernsthaft Gedanken machen über unseren Weg", sagt sie offen. 

Seit gut einem Jahr ist Steinhauser neue Chefin im Seemuseum. Sitz ist ein 1680 erbautes Gebäude mitten in einer Parklandschaft und direkt am Ufer des Bodensees. Die Kornschütte war das Getreidelagerhaus des früheren Klosters Kreuzlingen. Statt Weizen gibt es hier heute viel Wissen. Fischerei, Schifffahrt und Bodenseelandschaft stehen im Fokus des Hauses. Die 31-Jährige Steinhauser hat sich bei der Neubesetzung des Chefsessels vor einem Jahr gegen mehr als 100 Bewerber durchgesetzt. Sie ist geboren am Vierwaldstättersee und lebt heute im Appenzellerland. Zur Arbeit pendelt sie mit dem Zug. "Ich mag diese Distanz. Das macht es mir einfacher mich im Alltag zu bewegen. Im Zug kann ich arbeiten und  bestimmte Dinge erledigen zu denen man sonst nicht kommt. Für mich ist das gerade eine gute Lösung", sagt sie. Von Haus aus ist sie Archäologin, bezeichnet sich selbst aber auch als "eine gute Mischung meiner Eltern: mein Vater ist Lehrer, meine Mutter Archäologin".  Bei der reinen Wissenschaft wollte sie nicht bleiben, also entschied sie sich für die Museumswelt: "Ich bin nicht der Typ, der alleine in seinem Kämmerlein vor sich hin arbeitet, ich bin eher jemand, der die gute Arbeit der Wissenschaftler an ein Publikum verständlich vermittelt", so Steinhauser.

Das Museum muss auch mal raus zu den Menschen, findet sie

Museumsluft schnupperte sie schon früh. Im Zuger Museum für Archäologie habe sie schon vor mehr als zehn Jahren Führungen für Kinder geleitet. Danach blieb sie auf dem Weg. Die Vermittlungsarbeit liegt ihr am Herzen: "Was nützt eine Sammlung, die keiner kennt und versteht? Unsere Aufgabe zu erklären, zu vermitteln, wird immer wichtiger. Dazu gehört auch, mal aus dem Museum rauszugehen, zu den Menschen", findet die 31-Jährige. Mit dem Bodensee direkt vor der Haustür dränge sich der Gedanke doch ohnehin auf. Ein zentrales Wort ihrer Bemühungen lautet "Erlebnis". "Es gibt nichts Schöneres als mit Besuchern durch das Haus zu laufen und sie gehen mit einem Leuchten in den Augen wieder heraus, weil sie etwas erfahren oder etwas besonderes erlebt haben", erklärt Steinhauser ihren Ansatz der Museumsarbeit. Jede Zielgruppe soll ein massgeschneidertes Angebot und die richtige Form der Ansprache erhalten. Für Erwachsene gibt es Fachvorträge oder Sonderführungen durch Ausstellungen, für Kinder hat das Museum Erzählstunden oder Taschenlampenführungen durch das Haus im Programm. Diese Ausrichtung will Steinhauser weiter verfolgen. 

Was sie genau mit ihrem Konzept meint, kann man derzeit schon in der Ausstellung zum gesunkenen Dampfschiff "Jura" erkennen. Es ist die erste Schau, die Steinhausers Handschrift trägt. Und wer sie sieht, begreift was die Museumschefin will. Geschichten sollen erzählt werden, sie will die Menschen packen und begeistern. Das Erlebnis Museum insgesamt sinnlicher und, auch das, unterhaltsamer machen. "Nur so haben Museen eine Zukunft", findet die 31-Jährige. Auf die Frage, was eine gute Ausstellung für sie ausmacht, sagt sie: "Das Thema muss relevant sein. Es muss die Menschen faszinieren und berühren. Im besten Fall hat es was mit ihrem Alltag zu tun beziehungsweise die Ausstellung muss zumindest Anknüpfungspunkte zum eigenen Leben bieten."  Was sie am Seemuseum reizt? "Es gibt sehr viel Potenzial. Naturwissenschaft trifft hier Geisteswissenschaft und Technikgeschichte. Das lässt einem viel Gestaltungsmöglichkeit", sagt die Museumschefin.

Die nächsten Pläne: Dauerausstellung und Sammlung überarbeiten

Sollten die Stimmbürger am Sonntag "Ja" sagen zum Museumskonzept hat die quirlige Seemuseums-Chefin auch schon Ideen für die Zukunft. Es soll ein neues Gesamtkonzept für das ganze Gebäude geben, die 1500 Quadratmeter Ausstellungsfläche wollen ja optimal genutzt werden. Dazu soll die Dauerausstellung überarbeitet werden und es stelle sich die Frage, wie es mit der Sammlung weitergehe. "Da müssten wir auch mal ran. Was sammeln wir weiter? Wo legen wir Schwerpunkte?", erläutert Steinhauser. Längst nicht alle Teile der Sammlung können derzeit im Haus gezeigt werden. Grössere Exponate sind in einem Bootslager, andere in einem Kulturschutzgüterraum in Kreuzlingen untergebracht. Die Arbeit wird Ursula Steinhauser für die nächsten Jahre mutmasslich nicht ausgehen. 

"Die Abstimmung am Sonntag entscheidet darüber, ob das Haus jetzt den nächsten Schritt gehen kann in Richtung weiterer Professionalisierung", macnt Ursula Steinhauser deutlich. Sie selbst würde diesen Schritt gerne mitgehen. "Ich fühle mich sehr wohl hier und freue mich auf alles, was kommt", sagt die 31-Jährige.

Das Seemuseum Kreuzlingen

Die Geschichte: Unter der Trägerschaft der Stiftung Seemuseum entstand 1993 das einzige Schifffahrts- und Fischereimuseum im Bodenseeraum. Hans-Ulrich Wepfer hat das Museum anfangs geleitet und massgeblich aufgebaut. Das ehemalige Kornhaus der Augustiner von 1680 beherbergt seit 1993 das einzige Schifffahrts- und Fischereimuseum der Ostschweiz und Südwestdeutschlands. Auf 1500 Quadratmetern, in historischen Räumen. Zugleich ist es Museumscafé, Veranstaltungsort und Tagungsstätte. Unter anderem werden hier einige Originalexponate von Segel- und Fischerbooten und etwa 50 Modelle von Bodenseeschiffen präsentiert und erläutert. Gemälde, Grafiken und Fotografien zur Thematik Bodenseelandschaft werden in Wechselausstellungen gezeigt. Zuletzt stieg die Besucherzahl an. Eine grosse Zahl von Ehrenamtlichen unterstützt das Museum. Das Gesamtbudget (städtischer Zuschuss und Stiftungsgelder) liegt derzeit nach Angaben des Museums bei rund 400 000 Franken. Das Museum im Internet: www.seemuseum.ch 

 

Der Volksentscheid: Durch die Abstimmung am Sonntag soll das Museumsbudget der Stadt insgesamt angehoben werden.  Für die drei Häuser, Museum Rosenegg, Seemuseum und Sternwarte will Kreuzlingen künftig 380 000 Franken im Jahr ausgeben. Dass Seemuseum soll demnach künftig 65 000 Franken mehr erhalten. Weshalb die Politik eine Erhöhung für notwenidg befindet, erklärt sie in der Volksbotschaft zum Thema so:

 

"Wenn die Stadt weiterhin das reiche kulturelle und wissenschaftliche Angebot in dieser Qualität aufrecht erhalten und weiter entwickeln möchte, braucht es in der personellen Besetzung der Leitung eine Professionalisierung der Führung. Die Anforderungen an die Leitungen (Kuratorien) in den Bereichen der Vermittlung, Zusammenarbeit mit den anderen Einrichtungen und Bildungsinstitutionen und der Vermarktung sind hoch und entscheidend für die Qualität der Angebote und den Fortbestand der drei Leistungsträger. Um die Ziele und Massnahmen des Museumskonzeptes umzusetzen braucht es eine Erhöhung der heutigen Betriebsbeiträge." 

 

Die komplette Volksbotschaft zum Thema können Sie hier einsehen

 

 

 

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