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Neue Aufbauhilfe für Thurgauer Kultur

Neue Aufbauhilfe für Thurgauer Kultur
Glücksfall Lotteriefonds: Bei dem neuen Fördergefäss im Thurgau geht es um viel Geld. Wir fassen zusammen, wer davon profitieren kann. |

Seit Jahren häufen sich die Millionen im Lotteriefonds des Kantons - und werden zu wenig genutzt. Jetzt hat das kantonale Kulturamt eine neue Möglichkeit geschaffen, die Millionen sinnstiftend einzusetzen. Wir fassen zusammen, wer davon profitieren kann. (Lesedauer: ca. 5 Minuten)

Seit dem neuen Kulturkonzept gibt es eine neue Fördermöglichkeit: Es gibt jetzt auch Mittel aus dem Lotteriefonds für Umbauten oder Neubauten an «kulturell besonders bedeutsame Veranstaltungsorte» Wer kann davon profitieren?

Diese neue Möglichkeit steht nach Angaben des kantonalen Kulturamts grundsätzlich allen Vereinen oder Stiftungen offen, die im Kanton Thurgau Kultur ermöglichen, produzieren und/oder veranstalten und den Veranstaltungsort und die dort stattfindende Kultur oder Kulturvermittlung für besonders bedeutend halten und dies auch entsprechend darlegen können. Ebenso profitieren davon können Vereine oder Stiftungen, die eine Baute besitzen, die kulturell besonders bedeutsame Objekte beherbergt. „Zwingende Voraussetzung für eine mögliche kantonale Förderung ist der gemeinnützige Zweck der Körperschaft beziehungsweise Trägerschaft sowie die öffentliche Zugänglichkeit des Gebäudes“, erklärt Kulturamtsleiter Philipp Kuhn. Darüber hinaus gelten die üblichen Richtlinien für Projektförderung mittels Lotteriefonds.

Infrastruktur klingt nach, „ich kann mir davon meine Halle sanieren lassen“ - stimmt das?

„Sofern es sich bei der sogenannten „Halle" um einen kulturell besonders bedeutsamen Veranstaltungsort oder um eine Baute handelt, die kulturell besonders bedeutsame Objekte beherbergt und gleichzeitig die üblichen Richtlinien für Projektförderung (zum Beispiel: Einhaltung von Fristen, Gemeinnützigkeit, überregionale Bedeutung, öffentliche Zugänglichkeit, Eigenleistungen, Drittmittel, Beitrag Standortgemeinde, überzeugende Qualität, nicht gewinnorientiert etc.) erfüllt sind, ist das grundsätzlich möglich“, sagt der Thurgauer Kulturamtsleiter Philipp Kuhn. 

«Kulturell besonders bedeutsame Veranstaltungsorte» können sich also Hoffnung auf Fördergelder machen. Aber was genau bedeutet „kulturell besonders bedeutsam“?

Mehrere Kriterien sind hier wichtig. Das geplante Vorhaben muss nach Angaben des Kulturamts für die Bevölkerung eine Relevanz und eine gewisse Dringlichkeit haben. Mit Umsetzung des Vorhabens müssen positive gesellschaftliche Effekte zu erwarten sein. Das Projekt muss eine Stärkung des kulturellen Lebens im Kanton Thurgau herbeiführen. Darüber hinaus sollte es innovativ und nachhaltig sein, sowie Potenzial für eine Weiterentwicklung beinhalten. „Sicherlich werden Aspekte wie Einzigartigkeit und Dringlichkeit im Zusammenhang mit der zu erwartenden Wirksamkeit stark bewertet bei der Gesuchsprüfung“, sagt Philipp Kuhn.

 

„Sicherlich werden Aspekte wie Einzigartigkeit und Dringlichkeit im Zusammenhang mit der zu erwartenden Wirksamkeit stark bewertet bei der Gesuchsprüfung.“

Philipp Kuhn, Leiter Kulturamt Thurgau (Bild: Stefan Kubli)

Wer definiert was „kulturell besonders bedeutsam“ bedeutet?

Die Prüfung und Bearbeitung des Gesuchs wird durch die Fachexpertinnen und Fachexperten des Kulturamts vorgenommen, gestützt auf Stellungnahmen von externen Fachleuten. Zudem verfasst die kantonale Kulturkommission bei Fördergesuchen ab 200'000 Franken eine Stellungnahme zuhanden des Regierungsrats. Was als „kulturell besonders bedeutsam“ eingeschätzt wird, das soll sich auch in der Bearbeitung der Gesuche zeigen: „Neue Fördergefässe entwickeln sich mit der Zeit, Begrifflichkeiten werden sich schärfen und eine gewisse Verstetigung und Etablierung der Förderpraxis ist das Ziel“, sagt Kulturamtsleiter Philipp Kuhn.

Welche Kriterien spielen bei der Vergabe eine Rolle? Einzig der jeweilige Ort oder auch kultur- beziehungsweise regionalpolitische Erwägungen?

Es gelten grundsätzlich die kantonalen Richtlinien für Projektbeiträge Kultur, hinzu kommt die Beurteilung der besonderen kulturellen Bedeutsamkeit des Vorhabens. Laut Kulturamtschef Philipp Kuhn fliessen auch kulturpolitische und regionalpolitische Überlegungen in die Entscheidfindung ein. „Also beispielsweise Fragen wie: Wie ist die Ausstrahlung des Vorhabens zu bewerten? Gibt es vergleichbare Kulturorte? Falls ja, in welcher Distanz? Erfährt die Region einen spürbaren kulturellen Mehrwert mit diesem Vorhaben?“, so Kuhn.

Wer entscheidet über die Vergabe der Mittel und wie lange dauert eine mögliche Bewilligung?

Es gelten die üblichen Finanzkompetenzregeln für Beiträge aus dem Lotteriefonds. Bei einmaligen Beiträgen bis 3 Millionen Franken entscheidet der Regierungsrat. Bei Beiträgen über 3 Millionen Franken entscheidet der Grosse Rat mit fakultativer Volksabstimmung. Bei Beiträgen ab 200'000 Franken nimmt zudem die Kulturkommission des Kantons Stellung zum Vorhaben. Je nach Höhe und Komplexität des Gesuchs ist mit einer Abwicklungszeit von 6 bis 12 Monaten zu rechnen.

 

Mit den Geldern aus dem Lotteriefonds soll nun auch verstärkt die kulturelle Infrastruktur im Thurgau gefördert werden.

Kultur- und regionalpolitische Überlegungen fliessen mit ein in die Entscheidung

Wie viele Mittel stehen dafür zur Verfügung?

Bislang ist keine Obergrenze definiert. Das liegt auch daran, dass es das so genannte „Fördergefäss“ erst seit dem 1. Januar 2023 gibt. „Da die Kulturförderung grundsätzlich ein wenig planbares, da reaktives Geschäft ist, bei dem finanzielle Unterstützung nur auf Gesuch hin möglich ist, wird sich im Laufe der Zeit zeigen, wie stark dieses Fördergefäss genutzt wird und in welcher Höhe Förderbeiträge beantragt werden“, erläutert Kulturamtsleiter Philipp Kuhn. Sollte sich im Verlauf zeigen, dass eine sehr grosse oder zu grosse Nachfrage bestehe und die finanziellen Möglichkeiten des Lotteriefonds diesen Ansprüchen längerfristig nicht gerecht werden könne, sei die Einführung einer Obergrenze aber denkbar, so Kuhn weiter. Der Lotteriefondsbestand per Ende 2022 beträgt rund 52 Millionen Franken. Diese Mittel sind jedoch teilweise gebunden durch mehrjährige Verpflichtungen mittels Leistungsvereinbarungen, aufgrund von jährlichen Entnahmen für Beiträge an die Kulturstiftung Thurgau und den Natur- und Heimatschutzgesetz (NHG)-Fonds sowie für die Förderung von kulturellen, wissenschaftlichen und gemeinnützigen Projekten auf Gesuch hin.   

Welche kulturpolitischen Ziele verbindet der Kanton mit dem Fördergefäss?

Zwei Dinge stehen laut kantonalem Kulturamt im Zentrum.  Erstens: Kulturschaffende, Kulturveranstaltende und Kulturvereine bei ihrer wichtigen Arbeit für die Gesellschaft mit Finanzmitteln aus dem Lotteriefonds zu unterstützen. Zweitens: Die Produktion, Aufführung, Vermittlung und Pflege von Kultur sowie Kulturgut für die Bevölkerung zu ermöglichen und zu sichern.

Warum braucht es dieses neue Fördergefäss?

Es ergänzt die bestehenden Fördergefässe der kantonalen Kulturförderung. Dies sind Programmbeiträge, personenbezogene Förderbeiträge, Projektbeiträge und Beiträge an mobile Infrastruktur wie beispielsweise Audioanlagen oder Bühnenelemente. Mit den Infrastrukturbeiträgen könne eine gewichtige Lücke in der Förderung geschlossen werden, findet Philipp Kuhn.

 

Das neue Förderprogramm stellt die Kultur noch stärker ins Scheinwerferlicht.

Das Ziel: Kulturelle Nutzung von Gebäuden für eine breite Öffentlichkeit ermöglichen

Wie unterscheidet sich diese Förderung von Massnahmen der Denkmalpflege?

Beiträge der Denkmalpflege stützen sich auf das Natur- und Heimatschutzgesetz (NHG) und dienen dem Erhalt des Kulturerbes. Sie werden ausgerichtet, um die historische Bausubstanz zu erhalten, zu pflegen und zu restaurieren. Bei den Beiträgen der Denkmalpflege geht es also um den Erhalt eines schützenswerten Objekts. Beim Fördergefäss „Infrastrukturbeiträge" geht es vereinfacht gesagt darum, zu ermöglichen, dass einzigartige Kultur in einem Gebäude stattfinden kann oder dass besondere wichtige Kulturobjekte adäquat geschützt werden können. Es geht also nicht darum, besonders schützenswerte Gebäude zu erhalten, sondern darum, diese soweit zu ertüchtigen, dass die kulturelle Nutzung für eine breite Öffentlichkeit möglich ist. Es können also auch einfache Lagerhallen für eine solche Unterstützung infrage kommen, sofern die Bespielung von grosser kultureller Bedeutung für die Thurgauer Bevölkerung ist oder besonders wichtiges Kulturgut darin gelagert und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird. 

Wie können sich Interessent:innen um diese Gelder bewerben? 

Entsprechende Gesuche können jederzeit an das Kulturamt des Kantons Thurgau gerichtet werden. Folgende Unterlagen sind nach Angaben des Kulturamts zwingend einzureichen:

-       Informationen zur gesuchsstellenden Institution/Trägerschaft: Statuten/Stiftungsurkunde oder ähnliches, Jahresberichte/Jahresrechnungen der letzten zwei Jahre, Betriebsbudget

-       Inhaltliches Konzept: Nutzungskonzept (Abwägung verschiedener Nutzungen mit Spartenrechnung und Angabe des Kulturanteils am Gesamtumsatz), Inhaltliches Programm mit Angaben zu Formaten/Methoden und Beteiligten, Kommunikationskonzept

-       Informationen zum Bauvorhaben: Konzept inklusive Terminplan, Involvierte/Partner, Budget/Finanzierungsplan, Baupläne/Baubewilligungen

-       Bei grösseren Vorhaben ist es sinnvoll, vor der Erarbeitung eines Gesuchs ein Beratungsgespräch mit dem Kulturamt zu vereinbaren

Wie aufwändig ist ein solches Gesuch?

Das hängt ab vom Umfang des Vorhabens ab und davon, ob die Gesuchstellenden bereits regelmässig Fördergelder erhalten vom Kanton, also ob die Trägerschaft und ihre kulturellen Leistungen gut bekannt sind oder ob es sich um ein neues Kulturangebot handelt, dessen Beurteilung eine umfassendere Dokumentation erfordert. „Grundsätzlich“, sagt Philipp Kuhn, „kann davon ausgegangen werden, dass die Gesuche aufwändiger sind als beispielsweise Anträge für finanzielle Unterstützungen von durchschnittlichen Kulturprojekten.“ Das Kulturamt empfiehlt daher eine frühe Kontaktaufnahme und Gesuchseingabe, also mindestens 6 bis 12 Monate vor der geplanten Umsetzung. 

Muss das Projekt in einer bestimmten Zeitspanne realisiert werden?

Nein.

 

Die Vermessung der Thurgauer Kulturwelt: Das neue Förderprogramm will Sanierung von kulturell besonders bedeutsam Gebäuden unterstützen. 

 

 

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