von Michael Lünstroth・Redaktionsleiter, 02.11.2020
Neue Ideen in alten Mauern?
Wie geht es weiter mit dem geplanten Neubau eines kantonalen Historischen Museums in Arbon? Eine prominent besetzte Podiumsrunde diskutiert am Samstag darüber.
Eine Idee ist oft das eine, die Umsetzung dann aber doch wieder etwas ganz anderes. Im Juni hat der Kanton entschieden, dass das kantonale Historische Museum einen weiteren Standort bekommt: In Arbon soll jener Teil der Thurgauer Geschichte gezeigt werden, für den es im Schloss Frauenfeld bisher kaum Platz gibt - die neuere Geschichte des Kantons ab 1798.
Jetzt stellt sich die Frage, wie genau das alles gehen soll. Die Zürcher Designagentur Bellprat Partner wurde beauftragt, ein Museumskonzept zu erstellen, eine in Auftrag gegebene Machbarkeitsstudie soll bis Ende März 2021 abgeschlossen sein. In Arbon wollen sie aber nicht so lange warten und diskutieren nun am Samstag, 7. November, unter dem Titel «Wie wird das neue kantonale Museum in Arbon zum grossen Wurf?» schon mal über mögliche Ideen und Pläne für solch ein neues Museum.
Auch der Direktor des Schweizerischen Nationalmuseums diskutiert mit
Das Podium ist durchaus prominent besetzt: Neben Regierungsrätin Monika Knill und Museumsdirektorin Gabriele Keck, sitzen auch Andreas Spillmann, Direktor des Schweizerischen Nationalmuseums Zürich, der PR-Experte Dominik Joos sowie der Arboner Stadtpräsident Dominik Diezi auf der Bühne. Moderiert wird die Runde von Kantonsrat Andrea Vonlanthen (SVP).
Eigentlich sollte die Diskussion den zweiten Arboner Kultur- und Museumstag eröffnen. Der wurde inzwischen aufgrund der neuen Corona-Massnahmen abgesagt, die kulturpolitische Debatte soll aber trotzdem geführt werden. Beginn ist um 10 Uhr (Einlass ab 9.30 Uhr) in der Webmaschinenhalle auf dem Saurer Areal Werk Zwei.
Es gilt Maskenpflicht während des Anlasses
Die Veranstalter weisen daraufhin, dass im Rahmen der Schutzmassnahmen die Kontaktdaten vor Ort aufgenommen werden. Es besteht eine Maskenpflicht und es gibt keinen Apéro. Der Eintritt zu diesem Anlass ist kostenlos, wobei die Teilnehmerzahl auf 50 beschränkt ist. Das Podium kann via Direktübertragung auch von zuhause aus mitverfolgt werden: https://youtu.be/Ms3bWg9rq_4
Der Ort des Geschehens: Die Webmaschinenhalle
Die Webmaschinenhalle ist einer von zwei möglichen Standorten für das neue Historische Museum in Arbon. Die Halle selbst wurde ab 1909 errichtet. Aber schon vorher, seit 1869, stellte Saurer -- zunächst im Werk 1 am See -- Stickmaschinen für die damals blühende Textilindustrie her, später Lastwagen, Autobusse und Motoren unter anderem für die Schweizer Armee sowie in wachsendem Ausmass Webmaschinen für den Weltmarkt. Heute ist die HRS Real Estate AG Eigentümerin der Immobilie.
Die ersten Konzepte: Schon 2016 hat die HRS ein Konzeptpapier (liegt thurgaukultur.ch vor) erstellt und eine mögliche museale Nutzung der Halle geprüft. Darin heisst es unter anderem, die Halle eigne sich „in idealer Weise für die Nutzung als historisches Museum des Kantons Thurgau“. Ein „modernes, modularer Ausstellungskonzept“ sei möglich. Und: Innerhalb des Gebäudes seien neben dem Museum weitere Nutzungen denkbar.
Die Geschichte: Die Webmaschinenhalle wurde ab 1909 nach Plänen des Baugeschäfts Wendelin Heene (St. Gallen) für die Adolph Saurer AG erbaut. Die erste Bauphase umfasste die zwölf nördlichen Achsen der Halle, vollendet bis 1911. Von 1910 datieren die Pläne für den nördlichen Treppenhausanbau. 1912 wurde die Halle um acht weitere Achsen nach Süden verlängert. 1940 wurde nördlich des Treppenhausanbaus das Laboratorium angebaut. 1941 wurde die Halle um einen eingeschossigen Hallenteil, westlich des Laboratoriums von 1940 und des Treppenhausanbaus sowie nördlich der bisherigen Nordfassade des westseitigen, eingeschossigen Hallenteils erweitert. Das Backsteingebäude gehört zum Kernbestand des ehemaligen Giessereihofes und des heutigen Saurer WerkZwei.
Denkmalpflegerische Aspekte: Die Webmaschinenhalle ist im Hinweisinventar der kantonalen Denkmalpflege als „wertvoll“ eingestuft. Im Schweizerischen Inventar der Kulturgüter von regionaler Bedeutung ist das Objekt eingetragen. Der Bau ist im Inventar der schätzenswerten Ortsbilder Schweiz (ISOS) als Einzelobjekt mit Erhaltungsziel A („Erhalten der Substanz“) eingetragen. Nach Auffassung von HRS ist die gesamte Trauffassade nach Osten mit Treppenhausanbau und 20 Fensterachsen der Halle schutzwürdig: „Die Fassade in Sichtbackstein samt verputzter Sockelzone, (…), die bauzeitlichen Fensteröffnungen und die Dreiteilung der Fenster sind zu erhalten. Wünschenswert wäre zudem der Erhalt wenigstens von Teilen der ursprünglichen Verglasung.“ Als schutzwürdig wird in dem Konzeptpapier der HRS auch das gesamte Stahlskelett der ersten Bauetappe bezeichnet.
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