von Michael Lünstroth・Redaktionsleiter, 15.04.2019
Von Katzen, Künstlern und Robotern

Was Künstlerinnen und Künstler von Katzen lernen können und warum sich Schauspielerinnen und Schauspieler vor Robotern fürchten sollten. Eine Kolumne zur Zukunft der künstlerischen Arbeit.
Japanische Forscher haben jetzt herausgefunden, dass Katzen ihren Namen verstehen können. Was für Menschen, die mit Katzen leben, selbstverständlich längst vollkommen klar war, ist im streng wissenschaftlichen Sinne dann doch bemerkenswert. Die Wissenschaftler um Atsuko Saito (Studie wurde veröffentlicht im Magazin Scientific Reports) gehen sogar noch einen Schritt weiter.
Aus ihren Ergebnissen folgern sie, dass die Tiere ihren Namen auch dann aus einer Aneinanderreihung anderer Substantive heraushören können, wenn er aus dem Mund eines ihnen unbekannten Menschen kommt. Interessant auch, wie die Forscher die bislang vor allem legendenhaft bekannte Egomanie von Katzen belegten: Lebten zwei Katzen in einem Haushalt, interessierte der Name des Artgenossen nicht die Bohne. Die Forscher stellten keinerlei Reaktion fest bei dem Tier, wenn der andere Name gerufen wurde.
Katzen suchen sich ihre Partner immer noch selbst aus
Katzen kümmern sich eben hauptsächlich um sich selbst. Obwohl sie schon seit vermutlich rund 12 000 Jahren mit dem Menschen zusammenleben, gelten sie als erstaunlich wenig domestiziert. Der britische Anthrozoologen John Bradshaw macht das an verschiednen Merkmalen fest. Das wesentliche lautet so: Hauskatzen suchen sich ihren Partner immer noch selbst aus, während dies bei Hunden meist der Mensch übernimmt.
Bei Künstlerinnen und Künstlern ist das ganz ähnlich. Überhaupt: Je mehr man darüber nachdenkt, umso mehr Parallelen fallen einem zwischen Tier und Kunst-Mensch auf. Und das nicht nur wegen der vielfach behaupteten acht Leben der Katzen, die auch viele Künstler zu haben scheinen. Da heisst es dann nur «Schaffensphase». Beide Spezies müssen jedenfalls Meister darin sein, sich einerseits einen gefüllten Futternapf zu sichern, andererseits aber unter allen Umständen ihre Unabhängigkeit wahren.
Werden Roboter meinen Job übernehmen?
Was das mit den acht Leben betrifft, gibt es für Kunstschaffende jetzt allerdings eine gute Nachricht. Die beiden Oxford-Forscher Carl Benedikt Frey und Michael A. Osborne haben in ihrer Studie „Die Zukunft der Arbeit“ für die USA untersucht, wie gefährdet bestimmte Jobs durch die Digitalisierung sind. Erschienen ist diese Studie bereits 2013. Inzwischen gibt es dazu auch eine Internetseite, auf der jeder selbst das Risiko schätzen lassen kann, einestages durch Roboter ersetzt zu werden: www.willrobotstakemyjob.com Bildende Künstler können demnach durchatmen. Ihr Leben mag zwar manchmal mühsam sein, aber Roboter werden sie nicht ersetzen. Die Wahrscheinlichkeit dafür liegt bei 4 Prozent. „Totally safe“ spuckt die Datenbank der Forscher Frey und Osborne aus. Auch Musiker können sich entspannen: 7 Prozent Risiko, dass Roboter ihren Job übernehmen.
Ganz beruhigt können wir Sie aber nicht aus dieser Kolumne verabschieden. Sollten Sie Schauspielerin oder Schauspieler sein, dann wäre es jetzt an der Zeit, sich Gedanken zu machen. Die Gefahr durch Roboter ersetzt zu werden, liegt bei 37 Prozent. Klingt schlimm. Aber andererseits: Menschen geht es oft dann gut, wenn sie wissen, dass es anderen noch schlechter geht. Sind Sie ein solcher Mensch, dann schauen Sie mal auf die Zukunftschancen von Wirtschaftsprüfern und Buchhaltern zum Beispiel. Die sind mal richtig am Arsch. Nach den Daten der Oxford-Forscher sind sie dem Untergang geweiht: 94-prozentige Wahrscheinlichkeit durch Roboter ersetzt zu werden. Da sind 37 Prozent doch ein Klacks.
Job-Alternative: Taxi fahren?
Und Schauspieler können ja immer auch was anderes machen. Taxifahren zum Beispiel. Ach, halt, nee. 89 Prozent Wahrscheinlichkeit, den Job durch Roboter zu verlieren. Alle Auswege scheinen versperrt. Wirklich alle? Nein. Denn: Vielleicht liegt in dieser Zukunftsangst von Schauspielern auch eine Erklärung für einen anderen recht merkwürdigen Trend: Immer mehr Darsteller wechseln von der Theater- auf die Konzertbühne. Nach dem Motto: «Wer Romeo kann, kann auch Rockstar», werden aus Schauspielern manchmal wie von Zauberhand über Nacht Sänger. Menschlich ist diese Flucht in eine andere Kunstform nachvollziehbar, rein akustisch wünschte man sich in diesen Momenten aber nicht selten, dass diesen Job längst ein Roboter übernommen hätte.

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