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Wie Fotos wirken

Wie Fotos wirken
Neues digitales Vermittlungsprojekt: Photographic Flux vom Fotomuseum Thurgau zeigt wie digitale Wissensvermittlung heute geht. | © Fotomuseum Winterthur / Philipp Ottendörfer

In der Corona-Pause sind viele spannende Projekte entstanden. Eines der besten stammt vom Fotomuseum Winterthur - die digitale Plattform „Photographic Flux“ rund um neue und alte Fragen zur Fotografie.

Während die Thurgauer Museen in der Corona-Pause weitgehend mit sich selbst beschäftigt waren, haben andere Häuser neue Formate für das Publikum entwickelt. Eines der besten Beispiele dafür - das Fotomuseum Winterthur. Im April hat das Museum die digitale Plattform „Photograhic Flux“ lanciert und ziemlich beeindruckend gezeigt, wie digitale Vermittlungsarbeit heute geht.

Der Anspruch des Projektes war gross: Ziel war es aufzuzeigen, „wie das Medium Fotografie unsere Gesellschaft seit jeher prägt“ und dabei den BesucherInnen eine selbstständige Auseinandersetzung mit den Inhalten zu ermöglichen, wie es in einer Medienmitteilung heisst. Das Angebot dazu ist umfangreich: Es gibt kurze Texte zu rund 50 relevanten Begriffen, ein Glossar mit 100 weiteren Erläuterungen, zwei Erklärvideos zur Bildmanipulation und Bildzirkulation sowie zahlreichen Illustrationen und Fotografien. Und wer noch tiefer einsteigen will, findet zu allen Themen weiterführende Links.

Fake News, Selfies, Memes - kaum eine Frage bleibt unbeantwortet

„Kaum ein Medium beeinflusst unsere Sicht auf soziale, politische, zwischenmenschliche – kurz gesellschaftliche –Veränderungen derart prägend wie das Fotografische. Bilder lesen und einordnen können ist wichtig: Wir begleiten unsere BesucherInnen im Ausstellungs- und digitalen Raum mit dem Ziel, zu einer selbstbestimmten Mediennutzung anzuregen“, erklärt Nadine Wietlisbach, Direktorin Fotomuseum Winterthur, die Entstehung des Portals in einer Medienmitteilung.

Tatsächlich ist das Projekt vorbildlich in Sachen digitaler Vermittlung: Das Ganze ist klug arrangiert, weil es reduziert und gezielt technische Möglichkeiten einsetzt und gerade nicht, wie man es bei einem solchen Projekt auch fürchten könnte, technisch überfrachtet mit ganz viel Bling Bling daher kommt. Zentrale fotografische Verfahren, technische Entwicklungen und Bildphänomene werden von den Anfängen der Fotografie bis heute in verständlichen Texten erläutert. Es geht um Fotografie und Fake News, um Selfies, Memes und GIFs, aber auch um so relevante technische Entwicklungen wie die GAN.

Erklärvideo 1: Fakten vs. Fake

Wie Algorithmen voneinander lernen

GAN steht für Generative Adversarial Network und bezeichnet Computeralgorithmen, die gegeneinander arbeiten, um unterschiedliche Daten zu erzeugen. „Diese Systeme bestehen aus zwei komplexen Algorithmen, die gegeneinander in einem Spiel antreten“, heisst es in der Erklärung. Sie lernen voneinander und werden so Stück für Stück immer akkurater.

Solche GAN werden zum Beispiel verwendet, um künstliche Porträts von Menschen zu entwickeln, die es gar nicht gibt. Derlei Fotos können auf Social Media verwendet werden zur gezielten Verbreitung von Fake News. Weil viele Menschen echt wirkenden Social-Media-Profile eher glauben als Institutionen. Dass dies bereits geschieht, zeigt ein Fall aus dem vergangenen Jahr: Im Dezember 2019 entfernte Facebook fast tausend Fake-Profile, die zur Unterstützung politischer Kampagnen angelegt worden waren und Fotos verwendeten, die mit GANs generiert wurden.

Klicken, staunen, lernen

Und so kann man sich im „Photographic Flux“ von einem Begriff zum nächsten klicken, staunt, lernt und wundert sich zum Beispiel, wie lange es manche Technik schon gibt und wie sehr sie längst unseren Alltag prägt. Die grösste Leistung des Projektes ist vielleicht das hier - sie schafft Kontexte in der Unübersichtlichkeit des Netzes. „Die Plattform verbindet einzelne Begriffe und Thematiken zu einem grossen, zusammenhängenden Ganzen“, erklärt Carol Baumgartner, verantwortlich für die digitale Vermittlung im Fotomuseum Winterthur, in einer Medienmitteilung des Museums.

Vorbildlich auch der leichte Zugang: Kostenlos und ohne Anmeldung sind alle Inhalte abrufbar. Das macht das Projekt auch für Schulen und Bildungsinstitutionen interessant - eine Einbindung in den Unterricht ist problemlos möglich. Die Informationen sind leicht verständlich - auch für Laie und SchülerInnen. Alle Texte sind zudem in deutscher und englischer Sprache verfügbar. Finanziert wird das Projekt übrigens durch eine Unterstützung des Versicherers Swiss Re.

Kurzum: „Photographic Flux“ ist ein grosses Glück und ein grosser Schatz für alle, die sich für die Entwicklung und Wirkung von Fotografie interessieren. Und das sollten in diesen Zeiten eigentlich alle sein.

Erklärvideo 2: Wie Bilder in den Umlauf kommen

 

 

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Bewerbungen können bis 31. März 2024 eingereicht werden.

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