von Urs Oskar Keller, 22.08.2025
Zufälliger Zaungast bei einer Promi-Hochzeit

Manchmal muss man als Fotograf auch Glück haben: Bei der Hochzeit von Peter Spuhlers Tochter Laura im Engadin war unser Fotokolumnist Urs Oskar Keller zufällig vor Ort. (Lesedauer: ca. 3 Minuten)
«Nun ist die Erste unter der Haube», sagte der Thurgauer Unternehmer und Milliardär Peter Spuhler (Stadler Rail AG, Bussnang TG) bevor er seine Tochter Laura am 31. August 2024 in Celerina, im Engadin, zur berühmten Kirche San Gian führte. Rund 150 Gäste waren anwesend, die Medien waren nicht eingeladen.
Unser Fotoreporter Urs Oskar Keller war zufälliger Zaungast. Applaus gab es für den Auftritt des Sängers Marc Sway. Italienische Floristen aus der Provinz Como hatten die Kirche und deren Zugang mit über 2000 Rosen geschmückt.
Um acht Uhr morgens schmückte am Samstag, 31. August 2024 ein grosses Team der bekannten italienischen Firma Rattiflora SAS («Matrimoni da sogno») von Frederick und Erica Ratti in Casnate con Bernate bei Como die romanische Kirche San Gian (erbaut 1678) in Celerina sowie in der Nobelherberge Badrutt’s Palace Hotel in St. Moritz. «Hier sind es sicher über 2000 Rosen in verschiedenen rosa bis weissen Pastelltöne und vereinzelten Nelken, die wir in und um die Kirche verarbeiten. Sie stammen aus Holland», erklärte ein Florist auf der Kirchentreppe.
Medien waren eigentlich nicht eingeladen
Wer dann heute hier heirate, wollte niemand verraten. Eine Dame der beauftragten Wedding-Planner-Firma aus Lugano blieb wortkarg: «It’s confidential», «Alles sehr vertraulich!», Diskretion ist alles, auch im Engadin. Nur so viel: «Sono svizzeri, una principessa», sagte ein anderer Florist, der auf einer Leiter stand und den Altar mit Rosen und Nelken schmückte.
Staunend beobachteten Biker und Spaziergänger:innen den opulenten Blumenschmuck. «So etwas habe ich noch nie gesehen», sagte eine Frau, die seit 38 Jahren in Samedan lebt. «Was für ein Spektakel und Theater», «Dov'è la sposa?», «Wo ist die Braut?», «Wer ist wohl das Brautpaar»?, fragten andere unten an der Zufahrtsstrasse Via S. Gian. Kinder turnten ungeduldig auf dem soliden Holzzaun. Warten bis die Prinzessin kommt.
Bei schönstem Bergwetter mit viel Sonnenschein und über 20 Grad trafen am frühen Nachmittag die Gäste mit Hotel-Limousinen von St. Moritz in der evangelisch-reformierten Kirche auf 1730 Metern über Meer ein. Es begann mit einer bunten Modeschau. Der lange und ansteigende Kirchenweg wurde zum Laufsteg und Schaulaufen der Jungen und Junggebliebenen. Die Parade der Haute volée mit High Heels-Stöckelschuhen – und in Haute-Couture-Kleidern und -Accessoires – über das Kopfsteinpflaster erforderte einiges an Übung. Markant thront die Kirche, ein Wahrzeichen und Juwel der ganzen Region, auf einem Hügel. Es ist ein geschütztes Denkmal von nationaler Bedeutung.
«Schöne Zeremonie und Lieder von Sänger Marc Sway»
Erst als Milliardär Peter Spuhler mit seiner Tochter Laura in weissem, glitzerndem Brautkleid und Schleier in der letzten Nobelkarosse auftauchten, lüftete sich das Geheimnis. Kurz vor 13 Uhr fuhr der alte Rolls-Royce (Baujahr 1968) des Badrutt’s Palace Hotel St. Moritz mit Laura Spuhler (30) und ihrem Vater (65) vor dem Gotteshaus in Celerina vor.
Die pferdebegeisterte Thurgauerin, die den Gutshof «Heimenstein» in Seuzach ZH besitzt, kam ohne weisse Märchenkutsche oder Sonderzug von Stadler Rail an. Das Rätsel wurde endlich aufgelöst. Der Bräutigam, der Unternehmer Rolf Hächler, war bereits in der Kirche.
Pfarrer Thomas Maurer aus Celerina traute die beiden. «Es war eine schöne Zeremonie und die Lieder von Sänger Marc Sway passten ideal», berichtete er nach der Trauung. Eine klassische Liturgie mit Fürbitten-Gebet, Lesung, einer Predigt, Vaterunser und Segen. Und eben Musik mit dem Pop-Sänger Stefan Marc Bachofen alias Marc Sway (45).
Die Mesmerin musste bis zum Schluss draussen warten. Dann verliess das Brautpaar die Kirche. Die bereitgestellten weissen Rosenblätter erreichten das Paar kaum. Ein Spalier, Gratulationen vor der Kirche und Feuersteine fehlten. «Es war nur wenig Freude zu spüren. Die geschlossene Gesellschaft vor dem reservierten Gotteshaus wirkte sehr dezent und zurückhaltend», meinte ein Mann in bunter Biker-Montur. Nach knapp einer Stunde war «der Spuk», wie es ein Zaungast bezeichnete, auch schon vorbei, die illustre Gesellschaft zog weiter. Passant:innen machten Handy-Fotos. Eine junge Unterländerin war vom Blumenmeer begeistert: «Es sah wie ein Märchen aus.»
Kaum getraut, chauffierte ein Hotelangestellter in schicker Uniform das frisch vermählte Paar Laura Spuhler und Rolf Hächler in der schwarzen Edelkarosse mit dem Nummernschild GR 163 zum Apéro. Auch der Pfarrer freute sich darauf. Der ganze Wagentross mit den rund 150 Gästen verschob sich Richtung Silvaplana ins Hotel Bellavista an die Via da l'Alp nach Surlej. Es liegt rund 400 Meter von den Ufern des gleichnamigen Sees entfernt. Abends soll im Badrutt’s Palace Hotel die grosse Hochzeitsfeier «mit sehr gutem Essen», wie ein Teilnehmer berichtete, über die Bühne gegangen sein. Der «Tätschmeister», wie auf der Einladung stand, war Sohn Lucas Spuhler.
Spuhlers Herzensangelegenheit St. Moritz
Das Vermögen des ehemaligen Thurgauer SVP-Nationalrat und Rentners wurde 2024 vom Wirtschaftsmagazin «Bilanz» auf 3,5 bis 4 Milliarden Franken (CHF) geschätzt. Er ist Besitzer und Verwaltungsratspräsident der Stadler Rail AG in Bussnang TG und beschäftigt weltweit rund 15'000 Mitarbeiter mit Standorten in 23 Ländern. Er heiratete im Engadin auch seine zweite Frau Daniela Spuhler-Hoffmann.
Der erfolgreiche Unternehmer hat drei Kinder. St. Moritz sei seine Herzensangelegenheit und er kenne den Ort seit seiner Kindheit, bekannte Spuhler vor längerer Zeit. Sein Vater, Paul Spuhler, war einmal Koch in der Luxusherberge Suvretta House, später Küchenchef im Dolder in Zürich. Peter Spuhler war als Kommandant einer Bündner Grenadier-Kompanie auf vielen Gipfeln Graubündens unterwegs.
Auf der edlen Einladungskarte der Brautleute mit feiner LR-Initialenprägung stand: «Vielen Dank, dass Sie alle hier waren, um unseren besonderen Tag gemeinsam zu feiern. Wir lieben euch!» Unterzeichnet von Laura & Rolf.
Und was passiert wohl nun mit all den Blumen? Einige Zaungäste zogen später mit üppigen Gratis-Rosensträussen glücklich von dannen. Die italienischen Florist:innen mussten weniger entsorgen.
Die Serie «Augenblicke»
In der Fotokolumnen-Serie «Augenblicke» zeigt Urs Oskar Keller besondere Momente aus seiner Zeit als Foto-Reporter in unserer Region. Zu den Fotografien schreibt er in kurzen Texten auch, wie die Aufnahmen entstanden sind und was sie so besonders macht. Gewissermassen entsteht so eine kleine Geschichte besonderer Foto-Momente aus den vergangenen 50 Jahren. In einem Interview hat er erläutert, wie er die Momente eingefangen hat.
Alle weiteren Beiträge der Serie bündeln wir in einem Themendossier.

Von Urs Oskar Keller
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Ist Teil dieser Dossiers
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