Das letzte Geleit

Ob wir wollen, oder nicht: Der Tod gehört zum Leben dazu. Bei der Beerdigung eines Freundes hat unser Fotokolumnist dies auf unaufgeregte und berührende Weise festgehalten. (Lesedauer: ca. 2 Minuten)

Das mag den einen oder die andere irritieren, aber auf dem Foto oben ist tatsächlich ein verstorbener Mensch zu sehen. Wir haben überlegt, ob wir dieses Foto so veröffentlichen können, oder ob es pietätlos ist. Letztlich haben wir uns für die Veröffentlichung entschieden, weil der Tote nicht zur Schau gestellt wird, die Szene 15 Jahre her ist und der Fotograf sich distanziert zurückhält. Es geht bei dem Motiv eher um das grosse Ganze. Dass wir lernen müssen damit umzugehen, dass der Tod ein Teil des Lebens ist. 

Die Erinnerungen unseres Fotokolumnisten Urs Oskar Keller an diese Aufnahme beginnen so: 

«Am 25. September 2010 war es am Untersee regnerisch, als die Trauergemeinde zur Abdankung in die reformierte Kirche eilte. Die Segnung auf dem Friedhof war kurz. Guido, der Verstorbene, war viele Jahre mein sehr geschätzter und engagierter Nachbar und Freund. Er rauchte gerne eine Brissago Blauband und liebte Wein. Der kosmopolitische Pfarrer liebte das Leben, er war stolz und glücklich, Gott und den Menschen zu dienen. 

Ein letzter Blick auf meinen Freund

Als ich am offenen Grab stand, wo sich die Bestatter anschickten, den Sarg in die Grube hinunter zu lassen, wünschte wohl ein Verwandter den Leichnam noch zu sehen. Die beiden Totengräber schauten sich verblüfft an und öffneten nervös die Flügelschrauben am Holzsarg. Den Deckel deponierten sie auf dem Erdhaufen. Ein letzter Blick auf meinen toten Freund im offenen Sarg. Fein angekleidet in einem weissen Hemd, Blumen auf seiner Brust, in dunklen Hosen lag der 81-Jährige im wattierten Sarg aufgebahrt. Dann gab der Verwandte ein Okay-Zeichen für das Begräbnis und eilte ins Gotteshaus. 

Ich nahm meine Kamera aus der Tasche und machte ein letztes Bild. Hurtig tauschten die Gemeindeangestellten des Thurgauer Dorfes die dunklen Jacken mit dem Übergewand und zogen Gummistiefel an. Bis die Trauerfeier mit tröstlichen Worten und Musik beendet war, lag nur noch der frische Erdwall über dem Grab. Das Holzkreuz war eingeschlagen und die prächtigen Blumenbuketts neu platziert. Requiescat in pace - Ruhe in Frieden!»