von Michael Lünstroth・Redaktionsleiter, 15.02.2017
Der will doch nur spielen

Im vergangenen Jahr hat er die deutsche Castingshow „The Voice of Germany" aufgemischt. Inzwischen ist der Sänger Marc Amacher wieder daheim bei seiner Familie in Bern. Vor seinem Auftritt bei der Blues and Boogie Nacht am Samstag in Aadorf haben wir mit ihm gesprochen. Über Musik, neue Erfahrungen und alte Ziele.
Es ist gerade mal zwei Monate her, da stand Marc Amacher auf der Bühne einer TV-Castingshow und rund drei Millionen Menschen sahen ihm dabei zu. Der Berner hatte sich ins Finale der Sendung „The Voice of Germany" gesungen - und unterlag am Ende seinem Kontrahenten Tay Schmedtmann. Dieser Moment der Entscheidung - für den 32-jährigen Amacher fühlt sich das längst weiter weg an als nur zwei Monate. „Es war eine spannende Reise, aber ich bin jetzt auch froh, wieder Zuhause zu sein. Ich habe meine Familie vermisst", sagt er mit dieser inzwischen berühmten Krächz-Stimme, die ihn so unverwechselbar gemacht hat.
Wir telefonieren mit ihm an einem Montagmorgen. Am Wochenende war er unterwegs auf kleiner Clubtournee, jetzt ist er einfach Familienmensch. Er geniesst das sehr, weil er in den Wochen der Show nur wenig Zeit mit seiner Frau und den Kindern hatte. Nach dem Finale der Sendung am 18. Dezember ging es fast nahtlos weiter mit einer Werbe-Tournee einiger The-Voice-Kandidaten durch Deutschland. Erst jetzt kommt der 32-Jährige langsam etwas zur Ruhe. Und kann über das nachdenken, was ihm in den vergangenen Monaten da eigentlich passiert ist. Interviews geben gehört nicht zu seinen grossen Leidenschaften. „Ich mache lieber Musik, als rumzuschnuren", erklärt er dann ehrlich. Aber natürlich weiss er, dass das nun dazu gehört. Und dass es ihm am Ende helfen kann, bekannter zu werden. Also lässt er sich auf die Fragen ein. Herr Amacher, hatten Sie irgendeine Vorstellung davon, was mit der Show auf Sie zukommen würde?
Castingshows? Waren ihm eigentlich komplett zuwider
„Ich hatte vorher keine Vorstellung, wie es werden würde. Ich hatte auch keine grossen Erwartungen, ehrlich gesagt. Ich dachte, das wird ein schöner Ausflug und, dass ich aber auch schnell wieder daheim bin", blickt der Sänger zurück. Es kam dann anders. Sendung um Sendung steigerte er sich und schaffte es am Ende bis ins Finale. „Dass ich da bestehen konnte und mich durchgesetzt habe, ist schon grossartig", sagt Amacher. Dabei wollte er eigentlich nie an so einer Castingshow teilnehmen, gibt er zu. „Ich war wirklich über die Massen skeptisch, weil mir diese ganzen Shows eigentlich komplett zuwider sind. Meiner Frau und meinen Kindern zu Liebe habe ich aber den Versuch gewagt, mich dem hinzugeben um daraus die Möglichkeit zu erhalten, mich dan als Musiker durchzuboxen. Und so meine Familie zu ernähren", sagt er und lacht.
So fing alles an: Marc Amacher in den Blind Auditions bei "The Voice"
Der wichtigste Moment der ganzen Sendung für ihn waren die so genannten Blind Auditions. Die Kandidaten treten auf, die Jury kann sie aber nicht sehen, sondern nur hören. „Dieser erste Moment vor einem Fernsehpublikum und der Jury und die anschliessenden Reaktionen auf meinen Auftritt, das war wahrscheinlich der für mich wertvollste Moment, da hat irgendwie alles gepasst", so der Sänger. Inzwischen hat er auch seine Meinung zur Show etwas geändert. Das sei im Grunde ein gutes Format. „Für mich als Musiker hat sich das total gelohnt, ich habe viel gelernt", sagt er. In der Zusammenarbeit mit Stars wie Emelie Sandé, Robbie Williams oder auch seinen Team-Coaches Michi Beck und Smudo von den Fantastischen Vier. Mit den Fantas ist er auch heute noch in Kontakt, man besucht sich gegenseitig. Die deutschen Hip-Hop-Altstars stehen Amacher mit Rat zur Seite. „Ich hätte nicht gedacht, dass aus dieser Geschichte wirklich Freundschaften entstehen, jedoch darf ich sagen einige Freunde gefunden zu haben unter anderem auch die beiden Coaches von Team Fanta.", freut sich der Berner Sänger.
Das erste eigene Album soll der nächste Schritt werden
Für ihn war „The Voice" auch deshalb lehrreich, weil er eine andere Herangehensweise an die Musik kennengelernt hat. „Ich habe mich bisher immer hingesetzt mit der Gitarre und einfach gespielt, die Songs sind dann einfach entstanden. Sich richtig hinzusetzen und Songs auf Papier zu schreiben, das ist für mich noch ungewohnt", bekennt Marc Amacher. Daran will er in den nächsten Monaten arbeiten. Denn irgendwann soll ja auch ein Album mit seinen Liedern erscheinen. „Das ist für mich der nächste wichtige Schritt - das eigene Album. Ich muss es aber nicht möglichst schnell machen, ich möchte mir da Zeit lassen, es soll richtig gut werden", sagt er. Ob er keine Angst hat, wie all die anderen Castingshow-Sänger schnell wieder in der Versenkung zu verschwinden? „Ich will als Musiker geschätzt und anerkannt werden, aber wie viel Ruhm Du dadurch erhältst, kannst Du ohnehin nur bedingt beeinflussen, deshalb versuche ich da locker zu bleiben."
Jetzt geht es sowieso erstmal darum, weiterzumachen. Nicht müde zu werden und dranzubleiben. Und so bespielt der Musiker ganz verschiedene Bühnen in diesen Tagen. Am Samstag,18. Februar, geht es in den Thurgau. Nach Aadorf, um genau zu sein. Gemeinsam mit seinem Kollegen Dominik Liechti spielt er unter dem Namen Chubby Buddy bei der Blues and Boogie Night im Gemeindezentrum. Ob ihm das schwer fällt, von den grossen Bühnen jetzt wieder auf die kleinen Bühnen zurückzukehren? „Nein, für mich macht das keinen Unterschied. Ich spiele einfach gerne Musik. Ob ich das für mich alleine mache, vor 50 oder vor 3000 Zuschauern ist nicht relevant. Ich mache Musik mit Herz und Seele. Wichtig ist für mich nur, ob bei einem Auftritt etwas entsteht. Das kann bei kleinen Gigs genauso passieren wie bei grossen", meint der Sänger.
Dann ruft eines seiner Kinder aus dem Hintergrund „Papa! Lass uns spielen!" Darauf er: „Lass mich noch schnell zu Ende telefonieren, dann bin ich für Dich da". Und nach dem er den vorherigen Satz beendet hatte, fragt er den Reporter freundlich: „War es das? Sie wissen, die Kinder..." Da ist jemand sich selbst treu geblieben und weiß, was wirklich zählt im Leben. Ganz schön cool, ganz schön sympathisch. Aber ja. Das war es.
Das sind Chubby Buddy: Marc Amacher (rechts) und Dominik Liechti. In dieser Kombo treten sie am Samstag, 18. Februar, in Aadorf auf. Bild: Veranstalter
Videos: Marc Amacher sehen und hören
Zugabe nach den Blind Auditions
SRF-Beitrag über Marc Amacher vom 17.November 2016
Robbie Williams outet sich als Marc-Amacher-Fan (SRF-Beitrag)
Weitergucken: Alle Videos von Marc Amacher bei The Voice of Germany gibt es hier

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