von Piera Cadruvi, 16.01.2024
Ein Liebesbrief an Arbon
Zwei Jahre lang haben Yvonne und Karl Aginmar Erlebnisse in Arbon fotografisch festgehalten – nun haben sie diese im Buch «Achtung Arbon!» zusammengefasst. Inspiriert wurde das Paar von der Ebstorfer Weltkarte. (Lesedauer: ca. 3 Minuten)
Er habe sich schon ein bisschen in Arbon verliebt, sagt Karl Aginmar. Wenn er über die Stadt spricht, glänzen seine Augen vor Freude. Eine Anekdote folgt der nächsten – wenn’s um Arbon geht, ist Karl Aginmar fast nicht zu stoppen. Seit ungefähr zweieinhalb Jahren dauert diese Begeisterung an. «Für ein Projekt hatte ich mich damals näher mit der Ebstorfer Weltkarte auseinandergesetzt und gesehen, dass Arbon – als Arbona Castrum – dort eingezeichnet ist.» Das war der Anfang dieser Geschichte.
«Das hat mich umgehauen. Mir war bis dahin nicht bewusst, wie bedeutend Arbon damals war. St.Gallen ist auf dieser Karte nicht eingezeichnet, aber Arbon schon!» Seither setzt sich Karl Aginmar intensiv mit der Stadt auseinander. Seine Partnerin Yvonne Aginmar hat hier ihre Kindheit erlebt. «Es ist spannend, wieder zurückzukehren und Arbon neu zu entdecken», sagt sie.
Ums Entdecken geht’s auch im Buch «Achtung Arbon!», an dem die beiden in den letzten zwei Jahren intensiv gearbeitet haben. Zu finden sind dort auf 560 Seiten Fotografien und vereinzelt Texte über die Stadt. Die Fotografien stammen von Karl und Yvonne Aginmar sowie von Teilnehmenden eines Workshops für freie Fotografie, der im Sommer 2023 stattgefunden hat. Die Texte beigesteuert haben die Stadtführerin Renate Maron, der Schriftsteller Peter Höner und der Arboner Autor, Sprachforscher und Historiker Hans-Jörg Willi. «Das Buch ist eine Gemeinschaftsarbeit, an der viele Menschen mitgewirkt haben», betonen die beiden.
Mit 12.74 Quadratmetern ist die Ebstorfer Weltkarte die grösste Radkarte aus dem Mittelalter. Das Original, das 1943 bei einem Bombenangriff auf Hannover verbrannte, bestand aus 30 zusammengenähten Tierhäuten. 1891 wurden fotografische Reproduktionen von den einzelnen Blättern der zerlegten Karte angefertigt.
Kunst verbindet
Während des ganzen Entstehungsprozesses haben Yvonne und Karl Aginmar viele Arboner:innen kennengelernt. Einige dieser Erlebnisse und Begegnungen sind nun im Buch dokumentiert. «Darum ist es auch ein Liebesbrief an Arbon, ein Dankeschön an die schöne Zeit – wir schätzen die Stadt und die Menschen hier sehr.»
Die Zeit gehe aber natürlich noch weiter, das Ganze sei ein Prozess. Wie auch die Entstehung des Buches: «Das Buch ist geworden, wir haben kein bestimmtes Ziel verfolgt. Wir haben Menschen kennengelernt, und so ist es entstanden. Das Zwischenmenschliche war und ist für uns sehr wichtig.»
Pixelgenaue Arbeit und fliessende Übergänge
Mit viel Liebe zum Detail ist das Buch entstanden. Die Auswahl der Bilder, die Kompositionen und die Zusammensetzung der Fotografien. Denn im Buch gibt es Bilder, die eine ganze Seite füllen. Aber auch Fotocollagen, die Yvonne und Karl Aginmar pixelgenau zusammengesetzt haben.
Fotos fliessen so zusammen zu einem neuen Ganzen und erzählen neue Geschichten. Das Buch sei auch da, um Zusammenhänge zu sehen, erklärt das Paar. «Also Dinge zusammen sehen, die man sonst nicht zusammen sieht», sagt Karl Aginmar. «Und natürlich wollen wir so gerne auch die Vielfalt von Arbon aufzeigen», ergänzt Yvonne.
Vom Buch zum Bild zum Film
Auf das Fotografieren folgt nun das Malen – auf das Buch folgt ein Bild. Inspiriert von der Ebstorfer Weltkarte kreiert das Paar aktuell ein Wandbild, das gleich gross ist wie die Weltkarte: nämlich 3.5 Meter breit. Der Kreis, der auf der Ebstorfer Weltkarte zu sehen ist, ist auch auf dem Bild des Paares vorhanden. Aber: Das Bild von Yvonne und Karl Aginmar besteht aus einer Vielzahl von kleinen Fotografien, die Karl alle einzeln auf ein Stück Karton klebt und das grosse Ganze entstehen lässt. In der Mitte des Bildes entsteht ein QR-Code, der die Betrachter:innen auf die Website www.arbona.ch weiterleitet. Aktuell ist dort die Online-Version des Buches zu sehen, in Zukunft möchte das Paar auf der Website den ganzen Prozess vom Buch zum Bild – und schliesslich zum Film abbilden.
Film? «Genau, auch Fotofilm. Mit Elementen aus ineinander geblendeten Fotos», erklärt Karl Aginmar. Ausserdem werde Musik eine grosse Rolle spielen. «Für mich hat alles mit Klang zu tun», ergänzt er. «Mit Stefan Philippis Ohrenkino hat Arbon eine tolle Klangwerkstatt, die schon im Buch ausführlich vertreten ist und beim Film natürlich eine wichtige Rolle spielen wird.»
Ausserdem fände er es schon auch spannend, dass der erste Arboner Bürger, der Parlamentspräsident Felix Heller, und der zweite Arboner Bürger, Stadtpräsident René Walther, beide Musiker seien. Grund genug also, einen Musik-Foto-Film zu machen. Damit hat das Paar aber noch nicht begonnen, aktuell sind sie noch mit der Fertigstellung des Wandbildes beschäftigt.
Hier gibt es das Buch
Das Buch ist erhältlich im Atelierladen Heidiweh in Arbon für eine Druckkostenbeteiligung von 50 Franken. www.heidiweh.ch
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