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von János Stefan Buchwardt, 05.03.2021

Gunst und Groll

Gunst und Groll
Mocmoc, auf einem Sockel ist er zu Hause, bei Wind und Wetter. Angejahrt, vergrämt, immer noch unbarmherzig und aalglatt zur Schau gestellt. | © János Stefan Buchwardt

#Lieblingsstücke, Teil 3: Der Mocmoc am Romanshorner Bahnhof musste schon viel Diskussion und Spott aushalten. Die schwarz-gelbe Figur ertrug alles duldsam und schwieg - bis jetzt.

Bislang war es ungewohnt still geworden um den schwarz-gelben Kameraden am Romanshorner Bahnhofsgebäude. Niemand hätte vermutet, dass Mocmoc an seiner Geburtsstätte das Schweigen nach so vielen Jahren des Lächerlichmachens, aber auch Anerkanntwerdens brechen wird.

Heimischen ist es nun gelungen, das Vertrauen der in die Jahre gekommenen Kunstfigur wiederzugewinnen und dem polarisierenden Fabelwesen auf weissem Sockel Authentisches zu entlocken.

Belang für die Öffentlichkeit

Um einen raren Gedankenschwall des Mischwesens aufzeichnen zu können, sei neben verfeinerten tierkommunikatorischen Fähigkeiten Hightech-Equipment zum Einsatz gekommen, so die nicht genannt werden wollende Quelle. Ein der Redaktion zugespielter Mitschnitt des komplexen, slangähnlichen Teilmonologs war schon um die Jahreswende an einen Korrespondenten der kantonalen Kulturplattform gelangt.

Inzwischen wurde der autorisierten Tonaufnahme von unabhängiger Instanz kein geringer Belang für die künstlerisch interessierte Öffentlichkeit attestiert. Das intime Bekenntnis konnte medienintern in ein mehrheitlich geglättetes Hochdeutsch transkribiert werden.

Die vollständige und unzensurierte Fassung mag neue Wissenschaftsgenerationen anstacheln, die Äusserungen zum Gegenstand ausgeweiteter Betrachtungen zu erheben. Die befürwortende wie vermutlich erneut unwirsch reagierende Allgemeinheit darf bestenfalls mit einem optimierten Verständnis für den international bedeutsamen Einfluss des in die Jahre gekommenen Zwitterwesens am Bodensee ausgestattet werden. Folgend der unkommentierte Text.

Irony of ironies

«Bin staaaark gezeichnet. Tuck, tuck, tuck … mein Schöpfer-Duo. Ey, Kommissionare für «communication». He, Marcus: 20. September 2023 – 20 Jahre Mocmoc-Provo. Habt mich signalfarben ausgepoppelt? Ente gut, alles gut. Meine Kreatoren haben ihre Webpräsenz abgebaut? Come on, come, mein Kanton kann Authentizität. Huu, kommt nur, alle, in schwarz-gelb, hin und hergewatschelt. Selbst Scheiche nehmen’s ab. Mein Nippes-Wunschtraum: sequenzielle Comicsäule. He, Johannes, Content Merchandiser, bin längst Columna Traiana. Erodiert?

Mich ausblenden – war ich nur Ego-Movement? Mir Polyester-Peepshows abluchsen, über pissgelber Wüste und Plastikwoge. Sich selbst Wurzelstrunktrophäen setzen. Wegsam, weg. Mutiert ohne Drüsengeschlecht; im Wortstreit selber affig, selber Jungfrauenflosse in Schwarz. Und dieser Mich-Ausmal-Quatsch! … Jup, jup, in Pantoffeltierchenmanier. Für die Kleinen, während die Teenies, sososo, im Pronto-Proppi-Shop am Süssmaul lutschen. Creative Freedom: Schnelle-und-Frische-von-früh-bis-spät-Bluff strecke ich mein Hinterteil entgegen.

Molto scivoloso

Den Müllcontainer an mich lehnen, auch noch den Sockel entehren. Liebt mich, ramponiert und guerillamässig dekoriert. As I am! Mit Stosszähnchen. Hab mich längst gewöhnt an den Kulturbotschafter*innen-Gag, dear Apostle John. What a mess, Saint Mark!

Biennalen in höchster einstelliger Zahl, was. Molto scivoloso im Biene-Maja-Palast. Ich, die geflügelte Exportbraut, war zuerst da. Bin lieber Aptenodytes forsteri, mehr als Königsklasse, but(t) po(po)tentially gefährdet. Warnfarbene, liebe Arielle, bah. Oder nur Seepferdchen-Hype? Legendäres Unicorn – Nix da, da. Jetzt THE BIG ONE!

Und warum eigentlich im Ensemble mit dem TKB-Bankomaten? Virtuell aufklamüsert? Geh spazieren! Richtet einen Lehrstuhl für mich ein. Chick Chick, und ab in die Tonne. Mein Bahnhofstrassen-Geklotze, Geglotze. Dämlicher Psyche eines verpfuschten «Babyartikel»-Remakes Stimme geliehen, ihr Wissen- und Glossenschafter*innen. Kann ich doch: Gender, LGBTQIA. Ihr findet Kindchenschemen ästhetisch? Eine Metamorphose durchmachen? Boah, wie das hölzerne Bengele. Altersfreigabe: ab 0. Cry, Geppetto. Krass, Jiminy!»

 

http://www.mocmoc.ch

 

Die Serie #Lieblingsstücke und wie Du mitmachen kannst

In unserer neuen Serie #Lieblingsstücke schreiben Thurgaukultur-KorrespondentInnen über besondere Kunstwerke im Kanton. Das ist der Start für ein grosses Archiv der beliebtesten Kulturschätze im Thurgau. Denn: Wir wollen auch wissen, welches ist Dein Lieblings-Kunststück aus der Region?

 

Skulpturen, Gemälde, historische oder technische Exponate, Installationen, Romane, Filme, Theaterstücke, Musik, Fotografie - diese #Lieblingsstücke können ganz verschiedene Formen annehmen. Einige der vorgestellten Werke stehen im öffentlichen Raum, manche sind in Museen zu finden, andere wiederum sind vielleicht nur digital erlebbar. Die Serie soll bewusst offen sein und möglichst viel Vielfalt zulassen.

 

Schickt uns eure Texte (maximal 3000 Zeichen), Fotos, Audiodateien oder auch Videos von euch mit euren Lieblingswerken und erzählt uns, was dieses Werk für euch zum #Lieblingsstück macht. Kleinere Dateien gerne per Mail an redaktion@thurgaukultur.ch, bei grösseren Dateien empfehlen wir Transport via WeTransfer.

 

Oder ihr schreibt einen Kommentar am Ende dieses Textes oder zum entsprechenden Post auf unserer Facebook-Seite. Ganz wie ihr mögt: Unsere Kanäle sind offen für euch!

 

Alle Beiträge sammeln wir und veröffentlichen wir sukzessive im Rahmen der Serie. Sie werden dann gebündelt im Themendossier #lieblingsstücke zu finden sein.

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