von Inka Grabowsky, 03.04.2024
Vom Reporter zum Dichter

Geschrieben hat Christoph Ullmann eigentlich schon immer – er ist schliesslich Journalist. Zu seinem achtzigsten Geburtstag aber veröffentlichte der Steckborner sein erstes Buch mit Erzählungen und Gedichten. (Lesedauer: ca. 2 Minuten)
«Ich wollte gar nicht publizieren», sagt Christoph Ullmann. «Aber meine Frau hat mich quasi genötigt. Sie hat mir zum achtzigsten Geburtstag vergangenes Jahr die Produktion eines Buches geschenkt.» Seine Frau ist Judit Villinger, die in Steckborn das «Haus zur Glocke» betreibt. Und zu diesem Engagement hat seinerseits Christoph Ullmann massgeblich beigetragen. «Ich habe sie von Zürich weggelockt», schmunzelt er.
Ihn selbst hatte die Liebe zum Wassersport an den Untersee gezogen. «In den siebziger Jahren suchte ich einen Bojenliegeplatz für ein Boot, und durch die Vermittlung einer ortskundigen Bekannten fand ich auch einen. Allerdings hiess es: ‹Wenn du die Boje willst, musst du auch das Haus nehmen, zu dem sie gehört›. Und so kam ich zu einem baufälligen Gebäude mit 700-jähriger Geschichte an der Steckborner Seestrasse. Unter Berücksichtigung des Denkmalschutzes habe ich es nach und nach restauriert.»
Judit Villiger kam mit und eröffnete 2016 ihren Kunstort im gegenüberliegenden Haus zu Glocke.
Selbstironische Gedichte statt Experten-Analysen
Ullmann hat Geschichte studiert, sein Arbeitsleben lang hat er aber vor allem wahre Geschichten erzählt - als Redaktor beim SRF. Während des Iran-Irak-Kriegs in den achtziger Jahren war er Auslands-Korrespondent. «Wenn man aus dem Krieg berichtet, erlebt man Fürchterliches. Doch darüber will ich keine Bücher schreiben. Ich will nicht zum prahlerischen Nahostexperten werden. Peter Scholl-Latour war für mich immer ein abschreckendes Beispiel.»
Stattdessen hat Ullmann nun Limericks, Aphorismen und Wortspielereien veröffentlicht, bei denen gelegentlich zu merken ist, dass ihr Schöpfer ein Fan von Ernst Jandl ist.
«Da gabs jenen Dichter am
Orte
Von der allererlesensten
Sorte
Er galt als brillant
Weil niemand verstand
Die kunstvoll geschwurbelten Worte»
Video: Christoph Ullmann liest aus seinem Buch
Autobiografische Kurzprosa
Ebenfalls im 132 Seiten starken Büchlein mit dem Titel «Der Hochnebel spitzt sich zu» enthalten sind Fotografien, die Ullmann in der Schweiz und bei seinen Auslandsaufenthalten gemacht hat. Und weil der Autor sich fiktionalen Texten nicht so recht zuwenden will, erzählt er aus dem eigenen Leben. «Das mache ich nur, weil es jeweils eine echte Pointe gab. Und alles hat einen sarkastischen, mitunter persiflierenden Unterton.»
Er wende sich an Leser, die genug Abstraktionsvermögen hätten, um Ironie zu verstehen. So erfährt man beiläufig etwas über seine Kindheit in Warth, über den beliebten Lehrer in der altersübergreifenden Gemeinschaftsklasse, der sich im Porsche totfuhr, über die erste grosse Liebe, die ihn schmählich verriet, und über den Schüler, den er als Aushilfslehrer fördern wollte und der sich später das Leben nahm. «Das geht mir heute noch nah. Ich frage mich, ob ich noch mehr hätte machen können.»
Zurückgezogen aus dem Kulturbetrieb
«Noch mehr machen» hätte Christoph Ullmann auch als Kurator des Vinoramas in Ermatingen wollen. Zehn bis zwölf Veranstaltung pro Jahr habe er organisiert und auch die eine oder andere Ausstellung kuratiert.
Diese Aufgabe, wie auch sein Mandat im Stiftungsrat des Turmhof hat er abgegeben, als er achtzig wurde. «Ich will keine langfristigen Verpflichtungen mehr eingehen. Sie führen doch nur zu einem ständig schlechten Gewissen, weil man noch so viel zu erledigen hätte.» Stattdessen also schreibt der Pensionär nun nach Lust und Laune.


Von Inka Grabowsky
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