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Vom Theaterblitz getroffen

Vom Theaterblitz getroffen
In der Familienhölle: Die Produktion "Blutsschwestern" der Gruppe Wild Wendy rückt den Mikrokosmos Familie in den Mittelpunkt. | © Veranstalter

Die Reihe «Theaterblitze» will junge Menschen für das Medium Theater begeistern. Das klappt mal besser, mal schlechter. Jetzt geht das Format in die 9. Saison im Theaterhaus Thurgau.

Von Michael Lünstroth

Dass Kinder- und Jugendtheater auch im Thurgau eine Heimat gefunden hat, liegt nicht zuletzt an Roland Lötscher. Er hat vor 30 Jahren das Theater Bilitz mitbegründet und vor inzwischen neun Jahren die Reihe „Theaterblitze“ im Theaterhaus Thurgau ins Leben gerufen. „Wir wollten immer ein Gegenmodell sein zu grösseren Veranstaltungsformaten wie Kindermärchen oder Kindermusical“, sagt Lötscher. Ziel der Reihe sei es gewesen, den Schülerinnen und Schülern, neben den Aufführungen in den Schulen, die Möglichkeit zu geben, an einem Ort professionelles Kinder- und Jugendtheater erleben zu können. „Bei uns sollte man sich durch das Theater inspirieren lassen können“, erklärt Roland Lötscher. 

Seit ein paar Tagen laufen die „Theaterblitze 18“. Bis Ende April gibt es fast 20 Vorstellungen von sechs verschiedenen Produktionen aus der ganzen Schweiz. Gezeigt werden Stücke für Kinder von ab 4 Jahren bis zu ab 14 Jahren. Ab Sonntag, 4. März, gastiert zum Beispiel Peter Rinderknechts «Theater für ein wachsendes Publikum» mit dem Stück «Mein Name ist Schaf». Eine Produktion (ab 6 Jahren), die sich mit der Besonderheit des eigenen Namens und der eigenen Identität auseinander setzt und dabei die Fragen untersucht: Wer bin ich, und wer will ich sein? Eine Woche später, am Sonntag, 11. März, kommt das Stück «Blutsschwestern» der Gruppe Wild Wendy auf die Bühne. Hier wird der Mikrokosmos Familie in den Mittelpunkt gestellt. «Auf humorvolle und musikalische Weise setzt sich das Stück mit den Herausforderungen auseinander, welche die neuen familiären Konstellationen für Kinder bedeuten, und lenkt den Blick vor allem auch auf die Chancen und positiven Aspekte, die diese mit sich bringen», heisst es in der Selbstbeschreibung des Stückes. 

Wer bin ich? In "Mein Name ist Schaf" geht es um diese existenzielle Frage.Wer bin ich? In "Mein Name ist Schaf" geht es um diese existenzielle Frage. Bild: Veranstalter

In weiteren Produktionen geht es um Ängste und wie man sie besiegt («Shubunkin» von der Gubcompany), um das Scheitern und die Frustration, die das mit sich bringen kann («Das bucklige Männlein» vom Figurentheater Margrit Gysin) oder auch um gekränkte Ehre, verletzte Liebe und den Hunger nach Leben («Ehrensache» von bravebühne). Allesamt Themen, die eine Rolle im Heranwachsen spielen. „Bei der Auswahl der Stücke berücksichtigen wir vor allem Geschichten, die wir für Kinder und Jugendliche relevant finden“, erklärt Roland Lötscher die Entstehung des Programms. Das ist vielleicht der schwierigste Part für die Organisatoren. Denn die Entscheider sind nicht mehr zwischen 4 und 14 Jahren. Trotzdem sollen sie entscheiden, was für die jungen Zuschauer relevant ist. Ein Dilemma, wie Roland Lötscher zugibt: „Das ist wirklich wahnsinnig schwer. Wir verlassen uns dabei immer auch ein Stück weit auf die Rückmeldungen, die wir aus den Schulen bekommen.“ Das man da auch mal in der Programmation daneben liegen kann, verwundert nicht.

Insgesamt scheinen die Theaterblitze-Organisatoren aber ein gutes Händchen zu haben. Die Auslastung der Veranstaltungen liegt bei bis zu 73 Prozent, „die allermeisten kommen gerne wieder“, sagt Lötscher. Tatsächlich haben Kinder- und Jugendtheatermacher das vielleicht schwierigste Publikum. Alles verändert sich rasend schnell. Kinder, die vor 9 Jahren das erste Mal bei einem Theaterblitz waren, kommen jetzt vielleicht eher nicht. Weil sie in der Pubertät stecken und sich für Theater nicht besonders interessieren. Trotzdem versuchen es die «Theaterblitze» immer wieder und werben für das Medium Theater. „Wir verstehen uns da auch als Brückenbauer. Wir müssen ein so gutes Angebot machen, dass junge Leute trotz aller anderen Medienkonkurrenz auch mal ins Theater gehen“, findet Roland Lötscher. Die Schülerinnen und Schüler selbst auf die Bühne zu holen, wie es in Schauspielclubs an manchem Theater geschieht, hält Lötscher nicht für den richtigen Weg für die Theaterblitze. Dafür gebe es die Schultheatertage. „Bei unserer Reihe ging es immer um das Theaterschauen, nicht um das Theatermachen“, erklärt der 59-Jährige.

Ein Filmtheaterprojekt: Der Autor Lutz Hübner nimmt mit «Ehrensache» Bezug auf einen authentischen Fall und zeigt, dass Menschen zwar in derselben Stadt, aber trotzdem in verschiedenen Welten leben können.Ein Filmtheaterprojekt: Der Autor Lutz Hübner nimmt mit «Ehrensache» Bezug auf einen authentischen Fall und zeigt, dass Menschen zwar in derselben Stadt, aber trotzdem in verschiedenen Welten leben können. Bild: Veranstalter

Zu dem Schauen kommt noch die theaterpädagogische Begleitung. Zu allen Vorstellungen gibt es Nachbereitungsmöglichkeiten, um das Thema auch nach der Aufführung im Unterricht bearbeiten zu können. Insgesamt unterscheidet die Reihe zwischen öffentlichen Familienvorstellungen und jenen für Schulen. Einen thematischen Bogen gibt es bei den „Theaterblitzen“ nicht. Das würde die Auswahl der Stücke zu sehr einschränken, glaubt Roland Lötscher. Zwar werde es immer schwerer, Lehrer für einem Theaterbesuch zu begeistern. Grundsätzliche Zweifel an der Bedeutung des Theaters hat er aber nicht: „So lange es gutes Theater zu sehen gibt, wird das Medium auch überleben“, ist Lötscher überzeugt.

Termine: Die Reihe läuft bis Mittwoch, 25. April. Eine Übersicht über alle Aufführungen der «Theaterblitze 18» gibt es hier

Videos: 

Trailer zu "Mein Name ist Schaf" (am 4. März im Theaterhaus Thurgau)

schaf-trailer from Peter Rinderknecht on Vimeo.

Trailer zu "Shubunkin" (ab 25. März)

SHUBUNKIN from heinz gubler on Vimeo.

Einblicke in "Das bucklige Männlein" (ab 22. April) 

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