von Inka Grabowsky, 13.02.2019
Kunstnacht: Jetzt geht es um Freiräume
Das Thema „Freiräume“ wird die Kunstnacht am Abend des 30. März den öffentlichen Raum in Konstanz und Kreuzlingen prägen. Zusätzlich laden 17 Galerien und Museen sowie die Universität zur nächtlichen Besichtigung.
20 Schauplätze haben die Besucher zur Auswahl. Wer alle Attraktionen in der Zeit zwischen 19 Uhr und Mitternacht besichtigen wollte, müsste sich sputen. „Wir wollen auf Kunst neugierig machen“, sagt Alisa Körner, die stellvertretende Leiterin des Kulturamts Konstanz, bei der Vorstellung des Programms. „Im Idealfall locken wir Menschen in Museen und Galerien und machen sie dann zu Wiederholungstätern.“ Auch wer die Hemmschwelle zu den etablierten Kunst-Orten nicht überwindet, wird in der Nacht auf den 1. April kaum an Kunst vorbeikommen. Die verkehrsberuhigte Kreuzlinger Hauptstrasse wird wieder zum Boulev’art mit acht sehenswerten Stationen, der Grünstreifen an der Laube in Konstanz wird zum Kunst-Parcours, in dem sich vier Künstler präsentieren. „Man soll über Kunst stolpern und auf sie stossen“, so Alisa Körner.
Genau an der Grenze zwischen den beiden Städten, am Hauptzoll, wird ab 18 Uhr für einmal nicht ein Band zur Eröffnung zerschnitten, sondern geknüpft. Ines Fiegert , die auch bei der Lauben-Kunst dabei ist, wird das Publikum mit ihren bestrickenden Werken für kurze Zeit ins Geschehen einbinden. Um 18.30 Uhr starten dann zwei Kurz-Führungen, eine zu den Präsentationen in Kreuzlingen, eine zu denen in Konstanz.
Vielfalt an der Konstanzer Laube
Helga Sandl hat die Lauben-Kunst kuratiert. Die Untere Laube – der Grünstreifen zwischen den beiden Fahrspuren – wird unter ihrer Regie zu einem Experimentalraum. Ines Fiegert knüpft mit „Rapid Links“ einen Kokon aus weisser Nylonschnur zwischen den Bäumen. Sie setzt sich mit Vernetzung und ihren positiven wie negativen Folgen auseinander. Rund um den Lutherplatz schaffen Teresa Renn und Jan Behnstedt-Renn unter einigen Bäumen akustische Räume. Sie lassen in ihrer audiovisuellen Installation Worte auf die Besucher tröpfeln. Konstanzer Obdachlose schildern ihre Erlebnisse. Jeremias Heppeler setzt sich mit „Baskerville“ mit dem archetypischen Hund als Projektionsfläche auseinander. Das ist wörtlich zu verstehen. Er hat einen dreidimensionalen Hund geschaffen, dessen Kopf als Fenster fungiert. Da Hunde mal als treuer Freund, mal als Bestie und mal als Wächter gelten, entstehen viele unterschiedliche Bilder. (Im Zebra-Kino gibt es passend dazu die Performance „Verkrustetes Fleisch“ mit dem Hund als zentraler Metapher.) Die „Kunstnomadin“ Schirin Kretschmann schliesslich macht ein Auto zu einem mobilen Museum. „Boîte-en-Valise“ (Schachtel im Koffer) lautet der Untertitel in Anspielung auf eine Serie von Arbeiten von Marcel Duchamp aus den 1930er Jahren. Kretschmann hat nun also ihren Volvo mit Reproduktionen eigener Werke beladen, um Kunst tatsächlich zu transportieren.
Kreuzlingen mit Kunst-Achse
In Kreuzlingen ist der ehemalige Förderbeitragsempfänger Reto Müller für das Projekt „Kameras“ verantwortlich. In den Tiefgaragen im CH und in der Schulstrasse zeigt er historische und aktuelle Filme, die alle einen eigenen Blick auf die Welt eröffnen. „In Tiefgaragen geht der öffentliche Raum in die Gebäude über“, sagt er. Hier träfen sich Menschen und für einmal auch ihre Erzählungen von der Wirklichkeit. „Wir zeigen die Perspektiven von zwanzig Künstlern und Künstlerinnen, so dass für einen Abend ein wahrhaftes Panoptikum entsteht.“ Entlang des Boulevards ergänzen unterschiedliche Posten diese Intervention. „Wir freuen uns, dass die Kurzfilmtage Winterthur ein spezielles Programm zur Verfügung gestellt haben, das wir im Trösch zeigen können“, sagt Claudia Thom vom Departement Gesellschaft. „Ausserdem haben wir zum ersten Mal drei Kulturbars, die Begegnungen fördern sollen.“ Im Trösch, im Kult-X und im LOKAL mit Schaufensterinstallationen von Jürg Schoop gibt es neben geistiger auch kulinarische Nahrung. Der Kunstraum ist mit zwei Ausstellungen beteiligt, die Galerie Veith zeigt Heidi Lenz, die auch selbst anwesend sein will. Nicht dabei sind auf Kreuzlinger Seite in diesem Jahr das Seemuseum (wegen Umbau) und das Museum Rosenegg (passte thematisch nicht).
3000 Besucher werden erwartet
Mit rund 3000 Besuchern rechnen die Organisatoren, wenn alles so läuft wie in den vergangenen Jahren. Dafür hat die Stadt Konstanz rund 30.000 Euro investiert, Kreuzlingen hat ein Budget von etwa 20.000 Franken zur Verfügung. Künftig wollen Konstanz und Kreuzlingen alle zwei Jahre eine Kunstnacht organisieren.
Zutritt zu den Museen und Galerien sowie zum halbstündig verkehrenden Shuttlebus erhält man mit einem Button, der für 5 Euro oder 6 Franken bei allen teilnehmenden Institutionen zu kaufen ist. Vorverkauf ab 16 Uhr auch im Kulturzentrum am Münster in Konstanz oder im Trösch in Kreuzlingen.
Das detaillierte Programm wird demnächst auf http://www.kunstnacht.de/ aufgeschaltet.
Von Inka Grabowsky
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