von Brigitte Elsner-Heller, 11.02.2020
Theater für Grosse und Kleine
Die Theaterwerkstatt Gleis 5 in Frauenfeld packt wieder an. Neben neuen Eigenproduktionen und Repertoirestücken stehen 2020 auch Gastspiele auf dem Plan. Die Idee dahinter: Für jeden soll etwas dabei sein.
Zunächst die schlechte Nachricht: Im Juli und August wird es in der Theaterwerkstatt Gleis 5 keine Aufführungen geben, auch das Sommertheater entfällt 2020, da der Greuterhof in Islikon renoviert wird (2021 wird wieder gespielt!). Doch sonst ist einiges geboten mit der Theatertruppe, die in Frauenfeld angesiedelt ist und die auch mal auf Reisen geht.
Nur einen Tag Urlaub hat Giuseppe Spina 2020, wie er beim Pressetermin augenzwinkernd sagt, den er zusammen mit Simon Engeli, Joe Fenner, Rahel Wohlgensinger und Judith Zwick bestreitet (es fehlte nur Noce Noseda vom Team). Die diesjährigen Eigenproduktionen haben jeweils unterschiedliche Produktionsteams und adressieren – wie auch die Gastspiele – unterschiedliche Zielgruppen.
„Wir definieren uns mehr als Produktionsstätte, als als Gastspielhaus.“
Giuseppe Spina, Gründungsmitglied der Theaterwerkstatt Gleis 5 (Bild: Brigitte Elsner-Heller)
Eigenproduktionen an erster Stelle
Die erste Eigenproduktion hat bereits in Zürich seine viel beachtete Premiere gehabt anlässlich des ersten Internationalen Theaterfestivals PRIMA, das sich an Kinder ab 2 Jahre richtete. Die Puppenspielerin Rahel Wohlgensinger, die das Theaterfestival mit konzipiert hat, hat „klAnK – Vom Lauschen und Horchen“ zusammen mit Andrea Kilian entwickelt.
Das „Stück“, das eine sensible klangliche Performance ohne Worte ist, bringt nicht nur die Kleinsten zum Hören und Staunen, während die Puppenspielerin (ganz ohne Puppen dieses Mal), Naturmaterial wie Holz, Stein oder auch Blätter zum Klingen bringt – thurgaukultur hat berichtet. Die Geschichte von Werden und Vergehen mag sich dazu wie von selbst einstellen. Anfang März macht „klAnK“ dann auch im heimischen Frauenfeld Station (4., 5. und 8. März, nochmals dann im November).
Optimierte Schweizer Volksmusik
Mit „optimierter Schweizer Volksmusik“ (O-Ton Giuseppe Spina) geht eine weitere Eigenproduktion im September über die Bühne. „So oder so!“ firmiert dann als „Ländleroperette“, die so basisdemokratisch wie die Schweiz selbst sein soll. Will heissen: Das Publikum stimmt über den Fortgang der Geschichte ab. Wie das funktionieren soll?
Die Wiler Autorin Bettina Scheiflinger verfasst ein Libretto in multipler Form, während im Vorfeld die Kompositionen neu entstehen oder aus dem Fundus genommen werden. Ein Puzzle, das die Volksmusikformation „Cheibe Choge“, Silvana Petrinelli und Giuseppe Spina zu einem Ganzen formen werden. „Eine Idee, die von Null aus aufgebaut wird“, freut sich Giuseppe Spina. Die Ländleroperette hat am 25. September Premiere und läuft bis 8. November.
Und dann kommt die Vorweihnachtszeit
Hier ist dann beim Pressetermin Spinas netter Satz „Dann mache ich einen Tag Urlaub“ zu vernehmen, denn anschliessend ist er schon bei dem bekannten Stück von Yasmina Reza, „Der Gott des Gemetzels“, mit von der Partie. Unter der Regie von Leopold Huber soll das Stück ab 11. Dezember auf die Bühne kommen. Es spielen ausser Giuseppe Spina auch Nicole Steiner, Wanda Wylowa und Noce Noseda die beiden Paare, die sich peu à peu von den gängigen gesellschaftlichen Umgangsformen verabschieden – auch wenn wir uns im realen Leben dann gerade in der Vorweihnachtszeit befinden, in der doch alles so schön glitzern soll. Ein moderner Klassiker, der bis Januar läuft.
Ein wenig weihnachtlicher Budenzauber darf allerdings dann doch nicht fehlen. Zum dritten Mal geht es in der Adventszeit auf einen Stadtrundgang durch Frauenfeld, und nachdem zunächst Maria das Wort hatte, dann Joseph, ist es 2020 nun ein ganz einfacher Esel, der von den Vorkommnissen aus dem Stall zu Bethlehem berichtet. „Ein Esel packt aus!“ lautet bis dato der Arbeitstitel.
Rahel Wohlgensinger und Simon Engeli werden ihn auf seinem Spaziergang durch Frauenfeld begleiten. Während Rahel Wohlgensinger die Puppe (die extra gebaut wird) führt, ist Simon Engeli dafür verantwortlich, was dem Esel in den Mund gelegt wird. „Der Esel bietet sich als theatrale Figur an, denn er kann auch frech sein“, sagt Simon Engeli verhalten verschmitzt.
Und auch sonst einiges
Aus dem Repertoire wurde Anfang Februar „Der Kontrabass“ noch einmal gespielt, und die Wiederaufnahme der Komödie „Zürich Hauptbahnhof“ über Secondos in der Schweiz am 16. Februar ist bereits ausverkauft. Ein Wiedersehen gibt es auch mit „Gesucht: Biber the Kid“, für den es immer wieder neue Spielorte, respektive Habitate, geben wird.
Am 22. April wird der Biber zunächst wieder im Murg-Auen-Park in Frauenfeld auftauchen. Mit dabei: Rahel Wohlgensinger und Giuseppe Spina. Mitte Mai zudem auch noch einmal zu erleben: „Dieser Himmel zum Beispiel“ mit Noce Noseda und Federico Dimitri.
Als Gastpiele sind zunächst zwei musikalische Events zu nennen, ein Konzert mit „A Little Green“ zum St. Patrick´s Day sowie ein Familienkonzert auf Deutsch und Rätoromanisch. „Chanzuns da vender!“ lautet das Motto, also „Lieder zu verkaufen“ (19. April).
Die Theaterwerkstatt Gleis versteht sich allerdings nach wie vor vor allem als Produktionsstätte, weniger als Gastspielhaus. In der Summe kommen die Werkstatt-Macher 2020 auf 40 Veranstaltungen. Da bietet es sich an, noch einnm Satz aus dem Programmflyer zu zitieren: „Seit acht Jahren und mit ungebrochener Lust machen wir fünf Theaterschaffenden nun schon gemeinsame Sache“. Man möchte es wohl glauben.
Alle Termine unter: www.theaterwerkstatt.ch
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