von Inka Grabowsky, 30.03.2023
Der grüne Faden

Das Archäologie-Museum in Frauenfeld widmet sich im Rahmen der Museumkooperation «Grüne Fürsten am Bodensee» der Rolle Napoleons III. als Archäologie-Förderer. Eine Kabinettsausstellung zeigt, wie zwei Franzosen mit Thurgauer Wurzeln über antike Funde die Dekoration von Gärten und Parks beeinflusst haben. (Lesedauer: ca. 3 Minuten)
«Anfänglich habe ich ja nur mitmachen wollen, weil es lässig ist, zusammen mit den anderen Museen etwas auf die Beine zu stellen», gibt Urs Leuzinger vom Archäologie-Museum unumwunden zu. «Aber je tiefer wir dann in das Thema eingestiegen sind, desto mehr Zusammenhänge zwischen Archäologie und dem grünen Fürsten Napoleon III. haben wir erkannt.» Der Kaiser sei eben sowohl Hobbygärtner als auch Amateurarchäologe gewesen.
Als er noch Louis-Napoléon Bonaparte hiess und auf dem Arenenberg aufwuchs, begeisterte er sich für die Altertumsforschung. In einer Vitrine sieht man ein (wahrscheinlich gefälschtes) Öllämpchen und Marmor-Bruchstücke antiker Ruinen, die der junge Exilant als Souvenir gekauft haben dürfte. Bemerkenswert sind drei unscheinbare Silbermünzen. «Sie stammen aus dem Schatz, der 1830 bei Steckborn gefunden wurde», sagt Urs Leuzinger. «Louis-Napoléon hat sie für die sagenhafte Summer von 2 Florin und 20 Kreuzern gekauft – also weit überbezahlt.»
Die drei Münzen Louis-Napoléons gelangten über Umwege ans Landesmuseum in Zürich. Die drei gezeigten stammen aus dem gleichen Hort, sind aber im Besitz des Kantons. Die Exponate sind also optisch identisch, aber ohne die kaiserlichen Fingerabdrücke.

Niemand wusste, wo Alesia liegt
Die Begeisterung des Adligen liess nicht nach, nachdem er 1848 Präsident und 1852 Kaiser geworden war. Nun widmete er sich Julius Caesar, ebenfalls ein Politiker einer Republik, der sich zum Alleinherrscher gemacht hatte. Napoléon III. schrieb eine ausführliche Biografie. «Sie ist durchaus brauchbar», meint der Archäologe.
Caesar hatte in seinen Kommentaren «De Bello Gallico» über die Schlacht von Alesia berichtet, in der der gallische Stammesführer Vercingetorix schliesslich unterlag. Doch wo Alesia lag, war lange unbekannt. Für einen Kaiser der Franzosen mit Caesar-Fimmel und Hang zur Archäologie war das natürlich ein Unding.
Da traf es sich gut, dass Eugène de Stoffel, ein französischer Offizier mit Wurzeln im Thurgau, nach der Schlacht von Solferino beschäftigungslos war und selbst einen Aufsatz zur Lage des Ortes veröffentlichte. «Napoléon las ihn und beauftragte de Stoffel mit Ausgrabungen», erzählt der Museumsleiter. «Und tatsächlich fand er um 1865 in Alise-Sainte-Reine im Burgund die passenden Ringwälle, Waffen und einen Silberbecher.»

Ein Offizier und Archäologe
Man kann nachweisen, dass de Stoffel und die Familie Bonaparte in gutem Kontakt zueinander standen. In einer Vitrine ist das Gästebuch von Kaiserin Eugénie (der Frau von Napoléon III.) ausgestellt: Am 1. September 1878, fünf Jahre nach dem Tod des Kaisers, war Eugène de Stoffel bei ihr auf dem Arenenberg zu Gast.
Und mit noch einer berühmten Familie verkehrte er regelmässig. «Seine Cousine war die Frau von Louis Pasteur – und der Wissenschaftler fotografierte gerne. Deshalb haben wir heute ein Portrait von de Stoffel, das für uns die Vorlage für den Scherenschnitt gab, der im Museumsgarten auf unsere Ausstellung hinweist.»
Der grüne Faden aller «Grüne Fürsten»-Ausstellungen
Solche Silhouetten kennzeichnen auch die Ausstellungen unter anderem auf der Mainau, in der Kartause Ittingen, im Naturmuseum und im Napoleonmuseum.
Thematisch haben diese Institutionen es leichter, Geschichten zu Landschaftsarchitektur und Gartengestaltung der «Grünen Fürsten» zu zeigen, aber auch das archäologische Museum bekommt die Kurve: «Die Archäologie und die Antike waren im 19. Jahrhundert sehr en vogue», so Urs Leuzinger. «Im Pariser Parc Monceau, den Napoléon III. 1861 einweihte, gibt es Pseudo-Ruinen - sogar eine Nachbildung der römischen Cestius-Pyramide. Hier treffen sich Archäologie und Gartengestaltung durch einen Fürsten.»

Die Öffnungszeiten
Museum für Archäologie
Freie Strasse 24
8510 Frauenfeld
Dienstag bis Freitag, 14–17 Uhr
Samstag und Sonntag, 13–17 Uhr
Montag geschlossen
Der Eintritt ins Museum ist frei.

Von Inka Grabowsky
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