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von Judith Schuck, 16.12.2021

Küchenmythologie mit Monty

Küchenmythologie mit Monty
Monty und Simon schmieden einen Plan. | © Judith Schuck

Das neue Monty-Stück «So ein Chaos» von Rahel Wohlgensinger, Simon Engeli und Andrea Noce Noseda bringt Spülbecken wie Emotionen zum Überschäumen. Sonntag ist Premiere in der Theaterwerkstatt Gleis 5. (Lesedauer:ca. 3 Minuten)

Rahel ist stinksauer. Und Simon kann sich gar nicht erklären, was mit seiner Frau los ist. Zum Glück hilft ihm Hund Monty mit etwas Tiefenpsychologie auf die Sprünge: Sie haben ihren Geburtstag vergessen!

Während Rahel ihren Dampf bei ihrer Freundin und einer Tasse Kaffee ablässt, bekommt Monty die rettende Idee: «Mir machet der Rahel öppis z´Fresse!» Und zwar etwas richtig Raffiniertes, findet Simon, der den Vorschlag sofort mit Begeisterung aufnimmt.

Nebenher die Welt erklären

Bald brutzeln in der Küche nicht nur die Zwiebelchen, sondern Mythologie-Fan Simon erklärt Monty auch die Welt mit Geschichten über Blitz und Donner, Ursuppe und Zellteilung, während Urknall und Brodeln Eins zu Eins mehr oder weniger beabsichtigt nachgespielt werden.

Statt eines feudalen Menüs, bekommt Rahel am Ende ein totales Chaos aufgetischt. Doch wie der griechische Dichter Hesiod schon wusste: Am Anfang gab es das Chaos, aus dem alles Entstand.

Mit Monty ist Puppenspielerin Rahel Wohlgensinger inzwischen fast schon richtig verwachsen. Bild: Judith Schuck

Folge zwei überrascht mit grossen Herausforderungen

Nachdem das Stück «Gut gebrüllt, Löwe» seit 2015 so erfolgreich aufgeführt wurde, wollten Puppenspielerin Rahel Wohlgensinger und ihr Partner und Schauspieler Simon Engeli sowie Regisseur Andrea Noce Noseda einen zweiten Teil mit Monty auf die Bühne bringen.

Mit Monty ist Rahel Wohlgensinger über die Jahre so sehr zusammengewachsen, wie mit sonst keiner ihrer Puppen. 2007 gebaut, habe er anfangs noch ganz jung und frisch ausgesehen. Der Alterungsprozess verschont selbst ihn nicht. Das Fell ist zottiger geworden und auf ihm ruht die Patina vieler Bühnenauftritte.

«Wir dachten, viele Zutaten sind bekannt und erprobt, das neue Stück müsste gleich funktionieren. Am Ende wurde die Arbeit zu meiner schwierigsten Inszenierung der letzten 20 Jahre.»

Simon Engeli, Schauspieler & Autor

Simon Engeli und Rahel Wohlgensinger/Monty entwickelten sich zum erfolgreichen Duo. So bekam die Truppe Lust auf eine Nachfolge in gleicher Konstellation. Statt Lesezimmer wie im «Gut gebrüllt, Löwe» sollte der Schauplatz dieses Mal die Küche sein. Mythen spielen dennoch eine wesentliche Rolle.

«Wir dachten, viele Zutaten sind bekannt und erprobt, das neue Stück müsste gleich funktionieren», sagt Engeli. Am Ende sei «So ein Chaos» zu seiner «schwierigsten Inszenierung der letzten 20 Jahre» geworden. Dabei spielten viele Corona-Nebeneffekte eine Rolle, wie dass die Kinder zeitweise zuhause bleiben mussten, was die Proben erschwerte; aber auch die Unsicherheit, ob und wann die Premiere stattfinden kann.

Flambierte Zwiebeln mit Monty und Simon. Bild: Judith Schuck

Das Stück ist für Kinder ab 6 Jahren

In der Küche ein Riesenchaos anzurichten, und das wiederholt, lustig und mit den richtigen Effekten, wäre ausserdem wesentlich komplizierter gewesen, als sie sich das vorgestellt hatten. Hiefür brauche es Routine.

Zudem: «Sechsjährigen Mythologie verständlich zu erklären, ist unglaublich knifflig», musste Engeli feststellen. Denn das Stück ist für Kinder ab sechs Jahren gedacht, aber natürlich können sich Erwachsene mindestens ebenso prächtig amüsieren und dazulernen.

In Mythologie kennen sie sich aus, wie ein Mixer funktioniert, wissen sie nicht

Simon Engeli liebt die Mythologie nicht nur auf der Bühne, sondern auch privat. «Kindern mit Mythen die Welt zu erklären, finde ich spannend. Wir Menschen erzählen uns schon immer Geschichten, um uns klar zu werden, wie die Welt funktioniert.»

Dabei könnten wir zwar die Entstehung von Blitz und Donner herleiten, aber als im Eifer des Koch-Gefechts der Mixer explodiert, weiss weder Monty noch Simon, wie er repariert werden kann. «Wir wollen mit dem Stück humorvoll die heutige Zeit wiederspiegeln.»

«Neben dem Spass und Slapstick basiert die Grundgeschichte auf der Beziehung zu Rahel.»

Rahel Wohlgensinger, Puppenspielerin

Die Textvorlage für das Küchen-Kammertheater brachte Simon Engeli in die Runde. «Wie immer wurde sie aber von Rahel und Andrea komplett zerpflückt und ist eine Dreier-Arbeit.» Das durchdachte und funktionelle Bühnenbild stammt von Joe Fenner. «Er ist ein Kleintheater-Urgestein und ein begnadeter Handwerker», erzählt das Theater-Duo.

An den fulminanten Effekten merkt man durchaus, dass die beiden den Sommer über bei «Karl´s kühne Gassenschau» auftrat. Es brodelt, brutzelt, schäumt und zischt und die eine oder andere Stichflamme kann das Publikum schon mal kurz einen Schrecken einjagen.

Das Chaos gibt viel zum Verarbeiten

«Neben dem Spass und Slapstick basiert die Grundgeschichte auf der Beziehung zu Rahel. Simon hat ihren Geburtstag vergessen, was zu Stress führt. Monty und Simon versuchen, die Krise zu lösen», erklärt Rahel Wohlgensinger. Sie hätten das Stück ihrer sechsjährigen Tochter zur Probe vorgeführt, die zunächst diese Beziehungsgeschichte aufnahm.

Nach ein paar Tagen hätten aber auch die Mythen begonnen, in ihr zu arbeiten. «Sie fing dann an zu philosophieren, wie die Welt wohl entststanden ist.» Wohlengensinger und Engeli sind überzeugt, dass der unterschiedliche Input je nach Entwicklungsstand zum Nachdenken anregt und den Kindern viele Denkanstösse liefert.

Nun freuen sie sich auf die Premiere und darauf, endlich vor Publikum auftreten zu können. «Denn nach jedem Durchlauf gibt es viel zu putzen. Da kommt schon mal der innere Schweinhund hoch, ob sich die Mühe ohne Zuschauer:innen lohnt», sagt Rahel Wohlengensinger und lacht.

 

Simon brät Zwiebeln an. Bild: Judith Schuck

 

 

Termine & Tickets

Die Premiere von «So ein Chaos» ist am Sonntag, 19. Dezember um 15 Uhr in der Theaterwerkstatt Gleis 5. Sie ist bereits bis auf wenige Plätze ausverkauft. Im Januar ist das Stück am 15., 16., 19., 22. und 23. jeweils um 15 Uhr nochmal in Frauenfeld zusehen. Am 5., 8., 9. und 12. Januar spielt es jeweils um 14.30 Uhr im Figurentheater Winterthur, am 6. März um 16 Uhr im Sternenkeller in Rüti. Tickets für alle Termine gibt es auf der Website der Theaterwerkstatt.

 

 

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